Geringere Beteiligung als 2019 bei Präsidentschaftswahl in Tunesien

Geringere Beteiligung als 2019 bei Präsidentschaftswahl in Tunesien

Tunis (epd). Bei der Präsidentschaftswahl in Tunesien am Sonntag haben bis 13 Uhr Ortszeit 14,16 Prozent der mehr als neun Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Wie die Wahlbehörde ISIE auf einer Pressekonferenz bekanntgab, waren es im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen 2019 um diese Uhrzeit rund 16 Prozent gewesen. Bei den Wahlen zur ersten und zweiten Parlamentskammer 2022 und 2023 hatten insgesamt nur jeweils rund 11 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Die Wahllokale sind noch bis 18 Uhr Ortszeit (19 Uhr MEZ) geöffnet.

In den Auslandswahlkreisen hatte die Abstimmung schon am Freitag begonnen. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird zu Wochenbeginn erwartet. Neben Amtsinhaber Kais Saied traten noch zwei andere Bewerber an: der links-nationalistische Zouhair Maghzaoui und der liberale Ayachi Zammel. Beiden wurden bereits im Vorfeld der Wahl wenig Chancen eingeräumt.

Der Wahlkampf war von juristischen Auseinandersetzungen überschattet. Kritiker zweifeln daher an der Legitimität der Abstimmung. Mehrere von der Wahlbehörde ISIE abgelehnte Kandidierende hatten Widerspruch gegen ihre Ablehnung eingereicht, dreien von ihnen gab das zuständige Verwaltungsgericht recht. Die ISIE, deren Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden, weigerte sich jedoch, die drei Kandidaten ins Rennen aufzunehmen. Als Reaktion verabschiedete das Parlament zehn Tage vor der Wahl eine Gesetzesänderung und entzog dem Gericht die Zuständigkeit für Wahlanliegen, um zu verhindern, dass es die Abstimmung im Nachhinein für ungültig erkläre.

Amtsinhaber Saied war im Oktober 2019 im zweiten Wahlgang mit 73 Prozent der Stimmen demokratisch gewählt worden. Am 25. Juli 2021 rief er in einer rechtlich umstrittenen Entscheidung den Notstand aus. Seitdem hat er nach und nach immer mehr Macht auf sich vereint. 2022 ließ er über eine neue Verfassung abstimmen, die dem Präsidenten wesentlich mehr Befugnisse zugesteht. Unabhängige staatliche Institutionen wurden seitdem zunehmend unter direkte Kontrolle der Regierung gestellt, Dutzende Oppositionelle wegen mutmaßlicher Umsturzpläne festgenommen.