Forscherin: Jüdische Community verletzt durch mangelndes Mitgefühl

Forscherin: Jüdische Community verletzt durch mangelndes Mitgefühl
04.10.2024
epd
epd-Gespräch: Franziska Hein

Potsdam (epd). Für viele Jüdinnen und Juden in Deutschland ist der Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober eine tiefe Zäsur. Das zeigen erste Ergebnisse einer sozialwissenschaftlichen Studie. Die Terroristen hätten Juden weltweit sehr gezielt adressiert, indem sie ihre Angriffe gefilmt und im Internet übertragen hätten, sagte die Potsdamer Professorin für Methoden der Sozialen Arbeit und Sozialforschung, Friederike Lorenz-Sinai, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Viele der Interviewten erzählten, dass sie sich sehr direkt als jüdische Person in Deutschland bedroht gefühlt hätten.

Viele der Befragten hätten eine unempathische Reaktion der Gesellschaft und ihres privaten Umfelds auf den Terrorangriff und die Angriffe der Hamas und der Hisbollah seit Oktober geschildert, sagte Lorenz-Sinai, eine der Studienautorinnen. Zudem setze sich der Terror durch die Lage der israelischen Geiseln und der regelmäßig von der Hamas verbreiteten Aufnahmen ihrer Quälerei und Ermordung bis heute fort.

Die Studie entsteht derzeit als Zusammenarbeit der Fachhochschule Potsdam und des Berliner Kompetenzzentrums für antisemitismuskritische Bildung und Forschung. Sie erforscht, wie sich der 7. Oktober auf die jüdische und israelische Community in Deutschland auswirkt.

Ein Großteil der Interviewpartnerinnen und -partner beschreibe tiefe Verletzungen durch die Reaktionen ihres Umfelds. „Die Studie zeigt, dass bereits am 7. Oktober abends auf Geburtstagsfeiern, bei Dates oder auf Social Media, in sehr intimen Kontexten, die Interviewpartnerinnen und -partner mit Relativierungen, Bagatellisierungen oder auch mit Schuldzuweisungen konfrontiert wurden“, sagte Lorenz-Sinai.

Diese Verleugnung und die ausbleibende Anerkennung, dass es um Kriegsverbrechen und um Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehe, sei ein großer Teil des Schmerzes, den Jüdinnen und Juden empfänden. Vielen komme es so vor, als lebten sie in einer Art Parallelwelt. „Denn andere sehen diesen Schmerz nicht“, sagte die Erziehungswissenschaftlerin.