Experte über Kaufsucht: Zu wenige Anlaufstellen für Betroffene

Experte über Kaufsucht: Zu wenige Anlaufstellen für Betroffene
30.08.2024
epd
epd-Gespräch: Stefanie Unbehauen

Basel, Ansbach (epd). Für Menschen mit einer pathologischen Kaufsucht gibt es in Deutschland laut Renanto Poespodihardjo zu wenig Anlaufstellen. Der Experte für Verhaltenssüchte sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Das liegt unter anderem daran, dass sich viele nicht vorstellen können, dass etwas gesellschaftlich so akzeptiertes wie Kaufen eine Sucht sein könnte. Ich halte es für ein Problem, dass wir exzessives Computerspielen und Casinogänge als Sucht anerkennen, aber die Kaufsucht nicht“, erklärte der Hochschulmediziner. Nach Schätzungen leiden fünf Prozent der Menschen in Deutschland an Kaufsucht.

Als leitender Psychologe im Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen an den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel behandelt Poespodihardjo Menschen mit Kaufsucht. Er sieht verschiedene Faktoren als Auslöser. „Betroffene versuchen, negative Gefühle in positive umzuwandeln. Shopping kann sogar eine Art Rausch auslösen und von Selbstzweifeln und negativen Empfindungen ablenken“, sagt er. Das exzessive Kaufen diene der Bewältigung von Emotionen.

Einen gewöhnlichen Konsum vom krankhaften zu unterscheiden, ist laut Poespodihardjo nicht einfach. „Ein zentrales Symptom einer Sucht ist der Kontrollverlust. Das heißt, der Betroffene will aufhören, kann es aber nicht.“ Ein weiterer Faktor ist der Schaden, der aus der Sucht entsteht. „Es liegt auf der Hand, dass die Kaufsucht eine sehr teure Sucht ist.“ Die Folge: hohe Schulden, die bis hin zur Beschaffungskriminalität führen können.

Ein weiteres Symptom ist die gedankliche Vereinnahmung. „Das Kaufen nimmt einen großen Raum im Alltag Betroffener ein. Sie beschäftigen sich häufig den ganzen Tag damit, verbringen viel Zeit auf Onlineshops, vergleichen Preise und Rabatte.“ Auch Kontinuität spiele eine große Rolle. „Kaufsüchtige müssen immer etwas im virtuellen Warenkorb haben, jeden Tag kommt ein neues Paket an.“

Poespodihardjo empfiehlt Kaufsüchtigen, sich Hilfe zu suchen. „Betroffene fühlen sich oft allein mit ihrer Sucht und versuchen aus Scham, diese zu vertuschen.“ Jenen, die schon länger an einer Kaufsucht leiden, rät der Experte zu einer Therapie.