Vor Zwangsbehandlung muss Arzt erst Überzeugungsversuch unternehmen

Vor Zwangsbehandlung muss Arzt erst Überzeugungsversuch unternehmen

Karlsruhe (epd). Vor einer Zwangsbehandlung müssen Ärzte zunächst versuchen, den Patienten von einer freiwilligen Teilnahme zu überzeugen. Nur wenn der behandelnde Mediziner dokumentieren kann, dass es ihm ohne Ausübung von Druck und auch mit dem gebotenen Zeitaufwand nicht gelungen ist, die Zustimmung des Patienten zu erlangen, kann eine gerichtlich genehmigte Zwangsbehandlung zulässig sein, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. (AZ: XII ZB 572/23).

Im konkreten Fall ging es um einen 43-jährigen, an einer paranoiden Schizophrenie erkrankten Mann. Nachdem er 2008 seinen Vater mit einem Messer angegriffen hatte, wurde er in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Eine medikamentöse Behandlung lehnte er weitgehend ab.

Die behandelnden Ärzte hielten die Gabe von Psychopharmaka für erforderlich. Sie beantragten schließlich die medikamentöse Zwangsbehandlung. Das Landgericht Stendal stimmte dem zu.

Vor dem BGH verlangte der Mann die Feststellung, dass die Genehmigung zur Zwangsbehandlung rechtswidrig war. Er sei aktuell nicht erkrankt. Die behandelnden Ärzte habe auch nicht versucht, ihn vertrauensvoll von der Notwendigkeit der Maßnahme zu überzeugen.

Der BGH hielt die Zwangsbehandlung für rechtmäßig. Diese sei laut Sachverständigen erforderlich gewesen. Die behandelnden Ärzte hätten auch dokumentiert, dass dem Betroffenen die Notwendigkeit der medikamentösen Behandlung erläutert worden sei. Der 43-Jährige habe wütend reagiert und jegliche Behandlung abgelehnt. Nach Angaben des Chefarztes sei eine Kontaktaufnahme zu dem Patienten trotz vielfältiger und regelmäßiger Versuche nicht mehr gelungen. Nach diesen erfolglosen Überzeugungsversuchen sei die gerichtlich genehmigte Zwangsbehandlung mit Psychopharmaka nicht zu beanstanden, konstatierte der BGH.