Frankfurt a.M. (epd). Hilfsorganisationen haben vor dem dritten Jahrestag der Taliban-Machtübernahme Mitte August zu mehr Unterstützung für Afghanistan aufgerufen. Die humanitäre Lage sei schwieriger denn je, teilte Caritas international am Dienstag mit. 97 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut. „Es ist unsere humanitäre Verpflichtung, die Frauen, Männer und Kinder mit dem Lebensnotwendigsten zu versorgen und ein Minimum an medizinischer Versorgung sicherzustellen, solange wir dazu in der Lage sind“, erklärte Caritas-Leiter Oliver Müller.
„Save the Children“ verwies derweil auf die gravierenden Auswirkungen des Klimawandels. Extreme Wetterereignisse hätten im ersten Halbjahr mindestens 38.000 Menschen zur Flucht gezwungen, etwa die Hälfte davon Kinder. Katastrophen wie Dürren und Überschwemmungen seien inzwischen Haupt-Fluchtursache. „Im Vergleich zu 60-Jährigen werden Neugeborene in Afghanistan im Laufe ihres Lebens fünfmal häufiger mit Dürre konfrontiert sein“, erklärte der Geschäftsführer des Kinderhilfswerks, Florian Westphal.
Afghanistan gehört demnach zu den Ländern, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Etwa 25 der 34 Provinzen litten unter Dürren, jede dritte Person hungere aufgrund von Klimaschocks und hohen Lebensmittelpreisen. Die Welt könne es sich nicht leisten, dies zu ignorieren, erklärte Westphal. „Seit drei Jahren verzeichnet Afghanistan einen massiven Rückgang der internationalen Hilfe, die vor der Machtübernahme der De-facto-Behörden 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachte und bis zu 80 Prozent der öffentlichen Ausgaben finanzierte.“ Humanitäre Organisationen könnten die Unterstützung der Menschen allein nicht stemmen.
Am 15. August 2021 übernahmen die radikalislamischen Taliban die Kontrolle über die Hauptstadt Kabul und damit über das gesamte Land. Seither haben sie vor allem die Rechte und Möglichkeiten von Frauen und Mädchen massiv beschnitten. Das weitgehende Arbeitsverbot für Frauen hat auch gravierende Auswirkungen auf die Hilfe, da oftmals ausschließlich Frauen Zugang zu hilfsbedürftigen Frauen und Kinder haben.
Allerdings profitiert die Hilfe laut Caritas zugleich von der veränderten Sicherheitslage. „Nach dem Ende der bewaffneten Kämpfe haben sich die Möglichkeiten, den Hilfsbedürftigen zur Seite stehen zu können, in vielen Regionen des Landes erheblich verbessert“, betonte Müller. „Es ist nun für unsere Helfer auch wieder möglich, früher umkämpfte, abgelegene Gebiete zu erreichen.“