Rund 200 Missbrauchsbetroffene im Bistum Trier zwischen 1981 und 2001

Rund 200 Missbrauchsbetroffene im Bistum Trier zwischen 1981 und 2001

Trier (epd). In die Amtszeit des früheren Trierer Bischofs Hermann Josef Spital fallen offenbar fast 200 Kinder und Schutzbedürftige, die von sexuellem Missbrauch durch Kleriker betroffen sind. Für Spitals Amtszeit von 1981 bis 2001 hat ein Forschungsteam bisher insgesamt 194 minderjährige und fünf hilfe- und schutzbedürftige, erwachsene Missbrauchsbetroffene ermittelt. „Alle diese Zahlen sind als Mindestzahlen zu verstehen, die lediglich das Hellfeld wiedergeben“, sagte die Historikerin Lena Haase am Mittwoch bei der Vorstellung des Berichts in Trier.

Rund drei Viertel der Betroffenen im Untersuchungszeitraum seien männlich. Die Zahl der Beschuldigten und Täter liegt der Studie zufolge bei 49. Für die Zeit von 1946 bis 2021 rechnen die Wissenschaftler zurzeit mit insgesamt 711 Betroffenen sowie 234 Beschuldigten und Tätern. Spital starb im Jahr 2007.

Für den Bericht wertete das Forschungsteam der Universität Trier 1.035 Akten aus und führte 20 Gespräche mit Betroffenen und Zeitzeugen. Es ist der zweite Zwischenbericht des Projekts „Sexueller Missbrauch von Minderjährigen sowie hilfs- und schutzbedürftigen erwachsenen Personen durch Kleriker/Laien im Zeitraum von 1946 bis 2021 im Verantwortungsbereich der Diözese Trier: eine historische Untersuchung“. Das Projektteam hat im November 2022 seine Arbeit für die Dauer von drei Jahren aufgenommen.

In zwölf von 20 dem damaligen Bistum bekannten Fällen hat es der Studie zufolge keine Konsequenzen für die Beschuldigten gegeben. In anderen Fällen seien die Beschuldigten beurlaubt, in Therapie geschickt oder versetzt worden. Versetzungen hätten die kirchliche Reputation geschützt, aber nicht künftige Opfer, hieß es. Bei Versetzungen seien zudem nicht alle Ebenen informiert worden, erläuterte Haase. So hätten beispielsweise bei einem in die Ukraine versetzten Priester das Bistum und das kirchliche Osteuropa-Hilfswerk Renovabis von seinen Taten gewusst. Der Ortsbischof in der Ukraine oder die anderen in der Pfarrseelsorge tätigen Menschen hätten aber keine Informationen erhalten.

Zwar hätte sich das Bistum intern mit Fällen beschäftigt, aber kein kirchenrechtliches Verfahren angestrengt und auch keine Anzeige bei Strafverfolgungsbehörden gestellt, betonte die Historikerin. Bischof Spital habe erstmals auch eine Form der Zuwendung für Betroffene geleistet, jedoch nicht nach heutigen Standards von tatsächlicher Fürsorge.