TV-Tipp: "Rehragout-Rendezvous"

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Montag, 22. Juli, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Rehragout-Rendezvous"
Zerstückelter Bauer auf dem Feld und Potenzprobleme bei Eberhofer - auch in diesem Teil der Reihe um den niederbayerischen Dorfpolizisten geht es betont deftig und krachledern zur Sache. Die Fans warten ja auch darauf.

Als der neunte Film aus der Heimatkrimireihe mit Sebastian Bezzel als schluffigem Dorfpolizisten im Sommer 2023 in die Kinos kam, übte Rita Falk, Autorin der Romanvorlagen, scharfe Kritik an der Adaption durch Stefan Betz (Buch) und Ed Herzog (Buch und Regie): "platt, trashig, stellenweise sogar ordinär". Das stimmt sogar; aber "Rehragout-Rendezvous" ist trotzdem sehr witzig.

Das harsche Urteil mutet zudem etwas undankbar an, schließlich dürften die Verfilmungen einen nicht unerheblichen Anteil an Falks Altersversorgung haben. Andererseits lässt sich der Unmut nachvollziehen, selbst wenn ihre Behauptung, sie schäme sich für den Film, übertrieben klingt. Die Viagra-Gags haben zwar einen zwanzig Jahre langen Bart, aber in den Romanen ist der Humor auch gern deftig.

Vermutlich hat sich die Autorin schlicht darüber geärgert, dass Herzog und Betz viel künstlerische Freiheit walten ließen: Offenbar betrachtet das Duo, das seit dem dritten Film ("Schweinskopf al dente", 2016) gemeinsame Sache macht, Falks Vorlagen als Fundus, aus dem es sich nach Belieben bedienen kann. Natürlich wird es bei den Fans der Romanreihe für Verwunderung sorgen, wenn zentrale Details im Zusammenhang mit der Tat, die die Krimiebene ins Rollen bringt, von der Vorlage abweichen, aber so ist das nun mal bei Literaturverfilmungen: Wer den Roman liebt, ist mit der Umsetzung selten zufrieden.

Davon abgesehen erzählen die Krimikomödien ohnehin jedes Mal die gleiche Geschichte, zumal sich die Figuren kaum weiterentwickeln. Die Rahmenbedingungen mögen sich geringfügig ändern, doch im Zentrum steht stets die immer wieder aufs Neue erheblichen Belastungsproben ausgesetzte Freundschaft zwischen Eberhofer und dem Privatdetektiv Rudi Birkenberger, der nicht selten zur tragischen Figur der Filme wird; Simon Schwarz ragt dank seines nuancierten Spiels regelmäßig aus dem Ensemble heraus.

Diesmal wollen die beiden Freunde rausfinden, wer den Bauer Steckenbiller auf dem Gewissen hat. Als der Sohn (Michael Kranz) den Vater als vermisst melden will, wiegelt der arbeitsscheue Eberhofer erst mal ab, doch dann fliegt ihm eine Krähe mit dem Ohr des Vermissten im Schnabel gegen die Windschutzscheibe. Der Rest des Körpers findet sich in viele Einzelteile zerhäckselt auf dem Acker von Steckenbillers Erzrivalen, der Fall ist gelöst; aber natürlich trügt der Schein.

Zum Krimi wird "Rehragout-Rendezvous" jedoch erst im letzten Akt, bis dahin muss sich der "Eberhoferfranz" mit viel dringlicheren Problemen rumschlagen: Der Film beginnt mit der weihnachtlichen Verkündung der Oma (Enzi Fuchs), mit nahezu neunzig nun endlich in die wohlverdiente Rente zu gehen. Die alte Dame zieht in die Seniorinnen-WG ihrer Freundin Liesl Mooshammer (Eva Mattes), der Haushalt im nun nur noch Drei-Generationen-Hof ist neun Monate später der reinste Saustall.

Für Franz kommt es aber noch viel schlimmer. Als der Bürgermeister (Thomas Kügel) aus dem unfreiwillig verlängerten Sommerurlaub Susi (Lisa Maria Potthoff) zur Stellvertreterin ernennt, ereilt den Dorfsheriff ein angebliches Schicksal vieler Männer erfolgreicher Frauen. Den Spott seiner Kumpane über die tote Hose kriegt er gratis dazu, aber immerhin buchen sie einen gemeinsamen "Man’s Energy Day", damit die (Lebens-)Säfte wieder strömen, Schwitzhütte und verstörende Visionen inklusive.  

Die Geschichte ist schlicht, die Scherze oft derb und krachledern, die Darbietungen mitunter reinstes Bauerntheater. Und doch hat die vermeintliche Niveaulosigkeit Methode: Wenn hier chargiert wird, dann keineswegs, weil’s die Mitwirkenden nicht besser können. Die Musik von Martin Probst, ebenfalls festes Mitglied dieser Filmfamilie, klingt auch nur vordergründig volkstümlich, hat aber ebenso wie Szenen- und Kostümbild einen ganz wesentlichen Anteil an der unverwechselbaren Handschrift der Reihe.

Kameramann Stephan Schuh, seit "Griesnockerlaffäre" (2016) dabei, wenn auch nicht durchgehend, hat zudem einen verblüffenden 3D-Effekt kreiert, der die Mitwirkenden quasi aus dem Bildschirm blicken lässt. Wichtigster Einschaltgrund sind jedoch die in ausgeprägtem Dialekt vorgetragenen Dialoge. Krönung in dieser Hinsicht ist der Besuch des völlig verlotterten Eberhofer senior (Eisi Gulp) im Heimtiersupermarkt, wo ihn eine Verkäuferin (Monika Gruber) prompt für einen Obdachlosen hält. Der nun folgende Wortwechsel ist hinsichtlich der Schimpfwörter pro Minute rekordverdächtig. Einen zehnten Film wird es allem Dissens zum Trotz übrigens sehr wohl geben, allerdings erst 2026.