Berlin (epd). Bei der Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Eltern liegen einer Studie zufolge Wunsch und Wirklichkeit teils deutlich auseinander. Nach den aus ihrer Sicht idealen Erwerbskonstellationen gefragt, sprechen sich viel mehr Eltern für eine gleichberechtigte Aufteilung von Kinderbetreuung, Hausarbeit und Berufstätigkeit aus, als dies in der Realität gelebt wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Die Studie zeigt zudem deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: So sagen gut 42 Prozent der Befragten in Westdeutschland mit Kindern im Grundschulalter, das sogenannte Zuverdienermodell, in dem der Mann Vollzeit und die Frau in Teilzeit arbeitet, sei die ideale Erwerbskonstellation. In der Realität leben aber deutlich mehr Familien dieses Modell, nämlich 63 Prozent. In Ostdeutschland sehen nur 21 Prozent der Eltern dieses Modell als ideal an, aber auch dort organisieren mit 38 Prozent in der Realität mehr Familien ihren Lebensunterhalt im Zuverdienermodell.
Das Erwerbs- und Sorgemodell, in dem beide Eltern etwa 30 Stunden in Teilzeit arbeiten und sich Haushalt und Kinderbetreuung teilen, leben in Ost wie in West nur 3 Prozent der Familien mit Kindern im Grundschulalter. Dieses Modell wird aber von deutlich mehr Befragten als ideal angesehen: von 18 Prozent in West- und 15 Prozent in Ostdeutschland.
Werden die Kinder älter, ändert sich bei vielen auch das als ideal angesehene Erwerbsmodell. Ein Beispiel: Nur 30 Prozent der ostdeutschen Eltern mit Kindern im Krippenalter sehen das universale Erwerbstätigenmodell, in dem beide Eltern Vollzeit arbeiten, als ideal an. Sind die Kinder im Kindergartenalter, steigt dieser Wert auf 51 Prozent, bei Kindern im Grundschulalter auf 62 Prozent. Westdeutsche Eltern mit Kindern im Grundschulalter sehen das Vollzeitmodell hingegen nur zu 38 Prozent als ideal an. In beiden Landesteilen ist aber der Anteil der Paare, die tatsächlich nach diesem Modell leben, deutlich geringer: 16 Prozent in West- und 43 Prozent in Ostdeutschland.
Der Grund dafür, dass viele Familien im Zuverdienermodell leben, liegt laut den Studienautorinnen im deutschen Steuer- und Transfersystem. Denn das Zuverdienermodell ist für verheiratete Paare finanziell besonders attraktiv. Dies liege am Zusammenspiel von Ehegattensplitting, der steuerlichen Behandlung von Einkünften aus Minijobs und der beitragsfreien Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zusätzlich machten die durchschnittlich um 18 Prozent höheren Bruttostundenlöhne von Männern eine ungleiche Aufteilung der Erwerbsarbeit kurzfristig ebenfalls attraktiv.
Die Studienautorinnen machen dazu eine Beispielrechnung auf: Zwar ist das Haushaltseinkommen bei Familien mit zwei Vollzeit-erwerbstätigen Eltern am höchsten. Schaut man aber auf das Nettoeinkommen je geleistete Arbeitsstunde zeigt sich, dass Eltern im universalen Erwerbstätigenmodell dort am schlechtesten verdienen: nämlich laut Beispielrechnung 14,02 Euro je Stunde, während der Nettostundenverdienst im Zuverdienermodell, wenn nur ein Elternteil voll verdient und der andere Elternteil einen Minijob hat, mit 17,26 Euro am höchsten ist.
Die Studie basiert auf Daten des familiendemografischen Panels FReDa. Es handelt sich um eine repräsentative Befragung der in Deutschland lebenden Bevölkerung im Alter von 18 bis 50 Jahren.