Kiel (epd). Der Sauerstoffverlust in Gewässern weltweit nähert sich Experten zufolge kritischen Schwellenwerten. Er bedrohe nicht nur Ökosysteme, sondern auch die Lebensgrundlage großer Bereiche der Gesellschaft und den gesamten Planeten, erklärte das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel am Montag. Es verwies auf eine internationale Studie mit Beteiligung des Geomar, die in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Ecology and Evolution“ veröffentlicht wurde.
Die Wissenschaftler fordern, den Sauerstoffverlust der Gewässer als planetare Belastbarkeitsgrenze anzuerkennen. Zu den von einer internationalen Forschergruppe definierten planetaren Grenzen gehören unter anderem der Klimawandel, die Veränderung der Landnutzung und der Verlust der biologischen Vielfalt. Werden diese Belastbarkeitsgrenzen überschritten, erhöht sich das Risiko großräumiger, abrupter oder irreversibler Umweltveränderungen („Kipp-Punkte“). Die Widerstandsfähigkeit des Planeten Erde und seine Stabilität werden dann gefährdet.
In allen aquatischen Ökosystemen, von Bächen und Flüssen über Seen bis hin zu Küsten und dem offenen Ozean, sei die Sauerstoffsättigung in den vergangenen Jahrzehnten rapide gesunken, hieß es. Seen und Stauseen hätten seit 1980 Sauerstoffverluste von 5,5 beziehungsweise 18,6 Prozent erlitten, so die Forscher. Der Ozean habe seit 1960 im globalen Durchschnitt mehr als zwei Prozent seines Sauerstoffs verloren. Aufgrund des riesigen Volumens des Weltozeans sei das eine „ungeheure Menge“ an Sauerstoff.
Als Ursachen des Sauerstoffverlusts nennen die Forschenden die globale Erwärmung durch Emissionen von Treibhausgasen und der Eintrag von Nährstoffen als Folge der Landnutzung. Bereiche im Meer, in denen so wenig Sauerstoff vorhanden ist, dass Fische, Muscheln oder Krebse nicht mehr überlebten, bedrohten nicht nur die Organismen selbst, sondern auch die Fischerei, Aquakultur und den Tourismus. Mikrobiotische Prozesse in sauerstoffarmen Regionen erzeugten zudem verstärkt Treibhausgase, was zu einer weiteren Verstärkung der Erderwärmung führe.