Berlin, Bogotá (epd). Der ehemalige Chef der Paramilitärs in Kolumbien, Salvatore Mancuso Gómez, ist nach fast 20 Jahren in Haft überraschend freigelassen worden. Gegen den 59-Jährigen lägen keine weiteren Haftbefehle vor, erklärte das Staatliche Strafvollzugsinstitut INPEC laut der Tageszeitung „El Tiempo“ am Mittwochabend (Ortszeit). Mancuso verbüßte eine Strafe wegen Drogenhandels und war 2008 an die USA ausgeliefert worden. Er war Chef der berüchtigten paramilitärischen Organisation AUC, der zahlreiche Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung und Massaker im Kampf gegen die Guerilla zur Last gelegt werden.
Im Februar dieses Jahres wurde Mancuso wieder nach Kolumbien überstellt und verbüßte seine Haft in dem Gefängnis La Picota in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. Unklar ist, ob die Straftaten, die ihm zur Last gelegt werden, unter die Gerichtsbarkeit der Sonderjustiz für Frieden JEP fallen. Darüber soll demnächst das Verfassungsgericht entscheiden. Mancuso gilt als wichtiger Zeuge in zahlreichen noch anhängigen Gerichtsverfahren, in denen unter anderem gegen Kolumbiens Ex-Präsidenten Álvaro Uribe wegen seiner Verbindungen zu Paramilitärs ermittelt wird.
Zudem soll Mancuso Kolumbiens Präsidenten Gustavo Petro im Friedensprozess unterstützen und an den Verhandlungen über die Demobilisierung noch aktiver bewaffneter Gruppen mitwirken. In Kolumbien brach in den 1960er Jahren ein Bürgerkrieg zwischen linken Rebellen, rechtsextremen Paramilitärs und der Regierung aus. Etwa 300.000 Menschen sind seitdem getötet und sieben Millionen vertrieben worden. Nach dem Friedensabkommen zwischen der Regierung und Farc-Guerilla 2016 verbesserte sich die Sicherheitslage in dem südamerikanischen Land zunächst. Doch inzwischen hat die Gewalt im Kampf um die Vorherrschaft im Drogenhandel wieder zugenommen.
Mancuso arbeitete in den 1990er Jahren als Spitzel für das Militär und war maßgeblich am Aufbau paramilitärischer Strukturen im Dienst von Großgrundbesitzern und Unternehmern beteiligt, der vom Staat unterstützt wurde. Ab 2002 engagierte er sich bei den Friedensgesprächen, die 2004 zur Demobilisierung der AUC-Paramilitärs führte. Inzwischen haben sich viele Kämpfer der AUC wieder zu bewaffneten Banden zusammengeschlossen.