Düsseldorf (epd). Die Arbeitskosten in der deutschen Privatwirtschaft sind im vergangenen Jahr um durchschnittlich fünf Prozent gestiegen. Das sei zwar im langjährigen Vergleich relativ viel, aber spürbar weniger als 2022 mit einem Anstieg um 6,5 Prozent, teilte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in Düsseldorf mit Verweis auf eine Studie ihres Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung mit. EU-weit stiegen die Arbeitskosten 2023 um 5,6 Prozent, in fast allen osteuropäischen EU-Ländern sogar zweistellig.
Zu den Arbeitskosten zählen den Angaben zufolge neben dem Bruttolohn die Arbeitgeberanteile an den Sozialbeiträgen, Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung sowie als Arbeitskosten geltende Steuern. Das Institut der Böckler-Stiftung nutzte für seine Studie die neuesten verfügbaren Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat.
Zur Entwicklung der Arbeitskosten in Deutschland hätten stärkere Lohnerhöhungen und Inflationsausgleichsprämien beigetragen, mit denen die hohe Teuerungsrate fast ausgeglichen worden sei, erläuterte die Böckler-Stiftung. Mit Arbeitskosten von 41,90 Euro je Arbeitsstunde rangiere die Bundesrepublik aktuell auf Position fünf in der EU, gleichauf mit den Niederlanden und nach Luxemburg, Dänemark, Belgien und Frankreich.
Ohne deutliche Anstiege der nominalen Löhne hätte die Rekordinflation der vergangenen beiden Jahre die breite Kaufkraft in Deutschland „auf längere Sicht schwer geschädigt“, erklärte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Sebastian Dullien. Der „Spielraum für eine Stabilisierung der Kaufkraft“ sei genutzt worden, „ohne Schieflagen an anderer Stelle zu verursachen“. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die Lohnkosten bezeichnete Dullien als stabil. Man liege wie vor den Krisen der vergangenen Jahre im oberen Mittelfeld Westeuropas.
Bei den Lohnstückkosten, die die Arbeitskosten ins Verhältnis zur Produktivität setzen, gab es laut der Studie 2023 mit 6,6 Prozent ebenfalls einen deutlichen Anstieg, verursacht durch die hohe Inflation und eine schwache Produktivitätsentwicklung. Die kurzfristigen Anstiege gefährdeten die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft aber nicht, erklärten die Autoren der Untersuchung, Ulrike Stein und Alexander Herzog-Stein. Es gebe bislang keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale. Auf längere Sicht liege die Entwicklung der Lohnstückkosten trotz der Beschleunigung weiter unterhalb der „Zielinflation“ der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent, erklärten die Verfasser.