Gütersloh, München (epd). Zwar ist Nachhaltigkeit ein Ziel in der öffentlichen Beschaffung, jedoch werden einer Studie zufolge nur selten Aufträge anhand von Nachhaltigkeitskriterien vergeben. Rund zwei Drittel der Kommunen in Deutschland entscheiden ausschließlich nach wirtschaftlichen Maßstäben, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Studie der Universität der Bundeswehr München im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergab. Das günstigste Angebot erhalte den Zuschlag.
Aktuell würden auf kommunaler Ebene nur 13,7 Prozent der Aufträge unter Einschluss von Nachhaltigkeitskriterien vergeben. Der Münchner Wirtschaftswissenschaftler Michael Eßig forderte ein Umdenken in den Verwaltungen mit langfristig angelegten Strategien.
„Das Thema taucht nur dann auf, wenn etwas schiefläuft, zum Beispiel beim Einkauf der Corona-Masken“, sagte Eßig, Leiter der Studiengruppe. Dabei biete gerade die Beschaffung im öffentlichen Bereich „einen enormen Hebel für eine nachhaltige Entwicklung“. Im Bund, in den Ländern und Kommunen entscheiden den Angaben zufolge rund 30.000 Vergabestellen über den Kauf von Waren und Dienstleistungen mit einem Gesamtwert von bis zu 550 Milliarden Euro. Das entspricht 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Bereits seit 2004 werde in den europäischen und deutschen Vergaberichtlinien auf die Notwendigkeit hingewiesen, Umweltkriterien zu berücksichtigen, hieß es. 20 Jahre später habe jedoch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einräumen müssen, dass die nachhaltige Beschaffung deutlich hinter den Möglichkeiten zurückbleibe.
„Die öffentliche Hand würde mit einem nachhaltigen Einkauf sogar wirtschaftlicher fahren“, sagte Eßig. Denn nicht allein der Anschaffungspreis, auch die Vorteile wie Langlebigkeit seien wichtige Kriterien. Das Verständnis dafür müsse aber erst noch geweckt und die Beschäftigten in den öffentlichen Verwaltungen müssten entsprechend weitergebildet werden, erklärte der Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit besonderem Fokus auf Beschaffung und Logistik an der Universität der Bundeswehr München.