Nairobi (epd). Nach der Eskalation der Proteste in Kenia fordert „Human Rights Watch“ (HRW) eine Untersuchung der Polizeigewalt. Es sei inakzeptabel, dass die Polizei auf Demonstrierende schieße, besonders auf diejenigen, die bereits fliehen, erklärte der HRW-Ostafrikadirektor Otsieno Namwaya am Samstag in Nairobi. Die Behörden sollten unverzüglich die Tötung von mehr als zwei Dutzend Menschen untersuchen.
In Kenia waren in mehreren Städten Demonstrationen gegen eine Steuerreform, die unter anderem höhere Abgaben für Lebensmittel vorgesehen hatte, eskaliert. Die Sicherheitskräfte gingen mit scharfer Munition und Tränengas gegen die Protestierenden vor.
„Human Rights Watch“ geht nach Gesprächen mit Zeuginnen und Zeugen sowie der Auswertung von Krankenhaus- und Leichenhallenberichten von mindestens 30 Toten aus. Offizielle Zahlen liegen noch nicht vor. Laut einer Rekonstruktion der Menschenrechtsorganisation eröffnete die Polizei in der Hauptstadt Nairobi am Dienstag um 14 Uhr das Feuer auf unbewaffnete Demonstrantinnen und Demonstranten. Scharfschützen hätten vom Dach des Parlaments sowie des Kongresszentrums geschossen, berichteten Zeugen. Auch in den Städten Eldoret, Nakuru und Meru soll die Polizei Protestierende erschossen haben.
Kenias internationale Partner sollten die Situation weiter genau beobachten, forderte die Menschenrechtsorganisation. Auch eine internationale, unabhängige Untersuchung, zum Beispiel durch die Afrikanische Union oder die Vereinten Nationen, sollte diskutiert werden. Präsident William Ruto hatte am Mittwochabend erklärt, das umstrittene Steuergesetz nicht zu unterzeichnen.