Berlin, La Paz (epd). In Bolivien ist ein mutmaßlicher Putschversuch gescheitert. Aufnahmen des bolivianischen TV zeigten Bilder, wie am Mittwoch (Ortszeit) zwei gepanzerte Fahrzeuge das Tor des historischen Präsidentenpalastes in La Paz rammten. Davor hatten sich zahlreiche Soldaten versammelt. Über Stunden hatte laut der Tageszeitung „Los Tiempos“ das Militär die Kontrolle des Stadtzentrums übernommen. Staatspräsident Luis Arce sprach von einem „irregulären Truppenaufmarsch“. Mutmaßlicher Rädelsführer ist der davor abgesetzte Armeechef, General Juan José Zúñiga, der auch in den früheren Präsidentenpalast „Palacio Quemado“ (Verbrannter Palast) eindrang. Laut Regierungsminister Eduardo del Castillo wurden bei den Ereignissen neun Menschen durch Schusswaffen verletzt.
Auf TV-Bildern ist zu sehen, wie sich Arce in einem Palastgang Zúñiga in den Weg stellt. „Ich bin ihr Kapitän und befehle ihnen, die Soldaten abzuziehen“, sagte der Staatschef demnach. Später ist zu sehen, wie Zúñiga abgeführt und in ein Polizeifahrzeug gebracht wird. Die Soldaten sollen sich daraufhin zurückgezogen haben. Arce hatte Zúñiga am Dienstag abgesetzt, nachdem der Militär erklärt hatte, eine weitere Amtszeit von Ex-Präsident Evo Morales nicht zuzulassen. Bei seiner Festnahme sagte Zúñiga, das Vorgehen der Armee sei mit Präsident Arce abgesprochen gewesen, um seine schwindende Beliebtheit zu steigern.
Arce hingegen sprach in einer nach den Ereignissen veröffentlichten Videobotschaft von einem Putschversuch gegen ihn. „Wir bleiben standhaft und wehren uns gegen jegliche Putschversuche“, sagte er von Militärs umringt. „Wir möchten alle auffordern, die Demokratie zu verteidigen.“ Der Präsident ernannte José Wilson Sánchez zum neuen Armeechef, der befahl, dass alle Truppen in ihre Einheiten zurückzukehren hätten. Zúñiga soll wegen Terrorismus und Aufstands angeklagt werden.
Auch Ex-Präsident Morales (2006 bis 2019) verurteilte den Putschversuch, ebenso wie mehrere Regierungen in der Region. Morales unterstützte damit Arce, obwohl sich beide Politiker innerhalb der Regierungspartei MAS einen erbitterten Machtkampf liefern. Morales hatte angekündigt, gegen Arce als Präsidentschaftskandidat bei den Wahlen im kommenden Jahr anzutreten.