Dresden (epd). Die sächsische Ärztin Bianca W. ist am Montag wegen zahlreicher während der Corona-Pandemie gefälschter Atteste zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Die zuständige Kammer des Landgerichtes Dresden sah es als erwiesen, dass die 67-jährige Angeklagte aus Moritzburg in mehr als 1.000 Fällen gegen Bezahlung falsche Gesundheitszeugnisse ausgestellt hat (Aktenzeichen: 15 KLs 734 Js 35923121).
Laut dem Urteil hat die Ärztin während der Corona-Pandemie Patientinnen und Patienten pauschal bescheinigt, dass diese aus gesundheitlichen Gründen keinen Mund-Nasenschutz tragen können sowie nicht geimpft werden und sich keinen Corona-Tests unterziehen dürfen. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Angeklagte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten gefordert.
Jeder Arzt und jede Ärztin wisse, dass ohne Befund kein Attest geschrieben werden dürfe, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Scheuring. Ein ärztliches Gesundheitszeugnis habe einen hohen Wert, aber dies sei von der Angeklagten nicht beachtet worden. Laut Urteil soll sie mehr als 47.000 Euro zurückzahlen. Wie viel Geld sie mit den falschen Attesten eingenommen hat, ist offiziell nicht bekannt. Es könnte sich aber um sechsstellige Summen handeln.
„Wir haben es mit Gefälligkeitszeugnissen zu tun“, sagte Scheuring. Dafür habe sich die Angeklagte „ordentlich bezahlen lassen“, für eine faktische Nichtleistung pro Attest zwischen 25 und 50 Euro. Die Ärztin sei von Herbst 2021 an durch die Bundesrepublik gefahren, habe bei mehr als 40 Terminen mit zum Teil mehr als 250 Menschen falsche Atteste ausgestellt. In einigen Fällen seien Familien im Zehn-Minuten-Takt durchgeschleust worden.
Zudem wurde Bianca W. wegen Waffenbesitz verurteilt. An ihrem Wohnsitz sei ein verbotener Elektroschocker gefunden worden, hieß es. Der Prozess fand in einem Saal des Oberlandesgerichtes Dresden unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Weil die Angeklagte bereits seit gut einem Jahr und vier Monaten in Untersuchungshaft saß, wurde sie nach der Verhandlung am Montag erst einmal entlassen - allerdings unter strengen Auflagen. Vor dem Gerichtsgebäude bedankte sich die Ärztin, die dem Reichsbürgermilieu zugeordnet wird, bei ihren Anhängerinnen und Anhängern für die Unterstützung.
Die Angeklagte befand sich seit Februar 2023 im Gefängnis. Ein weiterer Verbleib in der Untersuchungshaft sei unverhältnismäßig, sagte Scheuring. Der Haftbefehl werde allerdings lediglich außer Vollzug gesetzt, nicht aufgehoben. Die Kammer sehe weiterhin eine Fluchtgefahr und daher auch einen Haftgrund. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Ärztin untertauche.
Zu den Auflagen zählt unter anderem, dass sich Bianca W. jeden Dienstag bei der Polizei melden muss. Andernfalls drohe wieder Haftbefehl, hieß es. Nach Abschluss des Verfahrens gelte für die rechtmäßig Verurteilte ein dreijähriges Berufsverbot.
Die Urteilsverkündung der Kammer war kurz nach Beginn für etwa anderthalb Stunden unterbrochen worden. Grund dafür waren lautstarke Proteste des Publikums. Der Verhandlungssaal wurde komplett geräumt, einige Störer danach nicht mehr zugelassen.