Bielefeld (epd). Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel wollen in ihren Einrichtungen assistierte Suizide zulassen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2020 das Verbot gewerblicher Suizidhilfe gekippt hatte, wolle Bethel mit Blick auf das diakonische Handeln innerhalb der Stiftungen für Klarheit sorgen, sagte Vorstandsmitglied Johanna Will-Armstrong am Montag in Bielefeld-Bethel. Grundlage für die Entscheidung sei ein von den Stiftungen beauftragtes Gutachten. Erstellt wurde es von dem Professor für Bürgerliches Recht, Rechtsphilosophie und Medizinrecht an der Universität Münster, Thomas Gutmann.
Gleichwohl werde in allen Einrichtungen der Stiftung weiterhin alles dafür getan, Menschen Lebensmut zu geben und suizidale Wünsche aufzugeben, erklärte Will-Armstrong. Der Leitsatz „Leben bis zuletzt“ gelte nach wie vor uneingeschränkt. Zur Würde eines jeden Menschen gehöre auch, in letzter Konsequenz über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes zu bestimmen. „Wir wollen uns nicht vor den Konsequenzen drücken, die sich aus dem Verfassungsgerichtsurteil ergeben“, erklärte die Theologin.
Juristisch klar sei, dass Bethel stets eine lebensbejahende Haltung einnehmen und in seinen Häusern befördern dürfe, solange das nicht in ein aktives Verhindern eines Suizidwunsches umschlage, sagte der Autor des Gutachtens, Gutmann. Andererseits stünden die v. Bodelschwinghschen Stiftungen in der Pflicht, das Grundrecht eines Patienten auf selbstbestimmtes Sterben zu respektieren. Anbietern vom assistierten Sterben solle der Zugang zu den Patienten und Bewohnern nicht verwehrt werden. An dem Gutachten hat Gutmann nach eigenen Angaben drei Jahre lang gearbeitet und dabei viele Mitarbeitende in allen Ebenen der Stiftung befragt.
Die Vorsitzende der Ethik-Kommission der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, Annette Kurschus, wertete das Gutachten als einen wichtigen Beitrag zur Diskussion in Kirche und Diakonie. Die Ethik-Kommission Bethel wolle noch in diesem Jahr einen Leitfaden entwickeln, der allen Leitungen ihre Verantwortung verdeutliche und gleichzeitig den Mitarbeitenden Orientierung für den Umgang mit Menschen gebe, die über einen Suizid nachdenken würden. Hier werde auch die Seelsorge besonders gefordert sein, sagte die frühere westfälische Präses. Selbst wenn ein Mensch auf den Suizid bestehe und in Anspruch nehme, „werden wir seelsorgerisch bis zuletzt an seiner Seite sein“, unterstrich Kurschus.