Forscher: Nach Europawahl droht Verschärfung der EU-Migrationspolitik

Forscher: Nach Europawahl droht Verschärfung der EU-Migrationspolitik
07.06.2024
epd
epd-Gespräch: Marlene Brey

Brüssel (epd). Der Politikwissenschaftler Raphael Bossong warnt davor, dass ein Rechtsruck bei der Europawahl die EU-Migrationspolitik weiter verschärfen könnte. Dabei sei die EU in ihrem Umgang mit Migration bereits deutlich nach rechts gerückt, sagte der Forscher von der Stiftung Wissenschaft und Politik dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Für eine weitere Verschärfung in der EU-Migrationspolitik brauche es dabei keinen Wahlsieg rechtsextremer Parteien, sagte Bossong. Auch die politische Mitte habe sich nach rechts bewegt. So enthalte etwa das Wahlprogramm der Europäischen Volkspartei (EVP), der auch die CDU/CSU angehört, im Bereich der Migrationspolitik Vorschläge, die anschlussfähig an Positionen deutlich rechts der Mitte seien. „Ideen wie die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten haben nichts mehr mit klassischen EVP-Positionen zu tun. Diese Politik ist durch Italiens rechte Premierministerin Giorgia Meloni inspiriert“, sagte er.

Kurz vor der Europawahl, die in Deutschland am Sonntag stattfindet, habe die EU die Regeln für Asyl und Migration bereits verschärft, indem sie den sogenannten Pakt für Asyl und Migration verabschiedet habe. Ob dadurch tatsächlich die Zahl von Schutzsuchenden in der EU sinken wird, bezweifelt Bossong. Vor allem sei angesichts der fortwährenden Krisen in den Hauptherkunftsländern zu erwarten, dass die Zahl der Asylanträge in der EU auch künftig hoch bleibe.

In einem Szenario, das der Forscher entwickelt hat, sagt er deshalb ein Scheitern der EU-Asylreform voraus. Wenn die Maßnahmen ihre Wirkung verfehlten, könnte dies eine weitere Zunahme der Abschottungspolitik bedeuten. In dem Szenario geht der Wissenschaftler außerdem davon aus, dass die EU die sogenannte Externalisierung der Asylpolitik weiter vorantreibt. Damit ist gemeint, dass die Abwehr von Migration vor die Grenzen der EU verlagert wird, etwa durch Migrationsabkommen mit Nicht-EU-Staaten.