Berlin (epd). Papyrus-Experten haben ein Dokument aus der Frühzeit des Christentums entdeckt. „Das Fragment ist von außerordentlichem Interesse für die Forschung“, erklärte Lajos Berkes, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Theologischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität, am Dienstag. Das etwa elf mal fünf Zentimeter große Schriftstück stamme aus dem 4. bis 5. Jahrhundert und sei als früheste erhaltene griechische Abschrift des Kindheitsevangeliums des Thomas identifiziert worden. Der Papyrus sei lange unbeachtet geblieben, weil der Inhalt für unbedeutend gehalten wurde.
Das Fragment enthält den Angaben zufolge Reste von 13 Zeilen in griechischen Lettern, ungefähr 10 Buchstaben je Zeile, und stamme aus dem spätantiken Ägypten. Bisher habe ein Kodex aus dem 11. Jahrhundert als früheste griechische Textfassung des Thomas-Evangeliums gegolten, das vermutlich im 2. Jahrhundert nach Christus erstmals aufgeschrieben wurde.
Das Evangelium berichte von der Kindheit Jesu und zähle zu den sogenannten apokryphen Schriften, hieß es weiter. Bei den Apokryphen handelt es sich um Texte, die bei der Kanonisierung der Bibel im Neuen Testament neben den vier Evangelien, der Apostelgeschichte und den 21 Apostelbriefen keine Aufnahme fanden. Diese Legenden und Erzählungen waren in der Antike und im Mittelalter aber sehr beliebt und weitverbreitet.
Aus den wenigen Worten auf dem Fragment gehe hervor, dass der Text den Anfang der „Belebung der Spatzen“ schildert, eine Episode aus der Kindheit Jesu, die als das „zweite Wunder“ im apokryphen Thomas-Evangelium gilt: Jesus spielt an der Furt eines reißenden Stroms und formt aus dem weichen Ton, den er im Schlamm findet, zwölf Spatzen. Als sein Vater Joseph ihn tadelt und fragt, warum er am heiligen Sabbat solche Dinge tue, klatscht der fünfjährige Jesus in die Hände und erweckt die Tonfiguren zum Leben.