Berlin, Mexiko-Stadt (epd). Mexiko hat die erste Frau zur Präsidentin gewählt. Laut offiziellen Hochrechnungen gewann die linksgerichtete Politikerin Claudia Sheinbaum die Wahl mit 58 bis 60 Prozent, wie die Wahlbehörde am Montag bekannt gab. Die Kandidatin der Regierungspartei Morena und frühere Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt lag damit deutlich vor der zweitplatzierten Mitte-Rechts-Kandidatin Xóchitl Gálvez, die auf etwa 29 Prozent kam. Die 61-jährige Sheinbaum soll das Amt von Staatschef Andrés Manuel López Obrador am 1. Oktober übernehmen.
Sie habe den Sieg nicht allein errungen, sagte die promovierte Energie- und Umweltingenieurin in ihrer Siegesrede. „Wir alle zusammen kommen hier an, mit unseren Heldinnen, die uns Heimat gegeben haben, mit unseren Ahninnen, unseren Müttern, unseren Töchtern und Enkelinnen.“ Sheinbaum versprach, die soziale Politik ihres beliebten Vorgängers und Mentors López Obrador fortzuführen, die der Regierungspartei Morena ihren Erdrutschsieg bescherte.
Der scheidende Staatschef López Obrador betonte, sie sei nicht nur die erste Frau an der Spitze des mexikanischen Staates, sondern möglicherweise auch das Staatsoberhaupt, das mit den meisten Stimmen gewählt wurde. Auch ihre Kontrahentin Gálvez gratulierte Sheinbaum zum Sieg. Glückwünsche erreichten die jüdischstämmige Wissenschaftlerin auch aus dem Ausland, vor allem von linksgerichteten Präsidenten Lateinamerikas wie dem Kolumbianer Gustavo Petro, seinem venezolanischen Kollegen Nicolás Maduro und Boliviens Staatschef Luis Alberto Arce.
Das Staatsoberhaupt wird in Mexiko für sechs Jahre gewählt, begrenzt auf eine Amtszeit. Neben dem Präsidentenamt wurden am Sonntag in dem weltweit bevölkerungsreichsten spanischsprachigen Land auch über den Kongress, die Regierungen mehrerer Bundesstaaten sowie mehr als 20.000 öffentliche Ämter abgestimmt. Auch bei den Gouverneurswahlen konnte die Morena-Partei zusammen mit den viel kleineren Allianzpartnern PT und den Grünen ebenfalls ihre Vormachtstellung ausbauen.
Auf eines der gravierendsten Probleme Mexikos, die grassierende Gewalt krimineller Banden und Drogenkartelle, ging Sheinbaum in ihrer Rede nur spät und indirekt ein. Sie werde die Ursachen bekämpfen und keine Straflosigkeit tolerieren, sagte sie. In ihrer Zeit als Bürgermeisterin der Hauptstadt (2018-2023) stand sie jedoch gerade wegen weit verbreiteter Straflosigkeit bei schweren Verbrechen wie Morden, Femiziden und sexuellen Übergriffen oder Kidnapping in der Kritik. Mexiko hat eine der höchsten Mordraten der Welt. Täglich werden mit neun bis zehn Morde an Frauen begangen.
Auch der Wahlkampf war geprägt von Gewalt, vor allem auf kommunaler Ebene. Die Regierung sprach von 22 getöteten Kandidaten oder Anwärtern auf eine Kandidatur. Menschenrechtsorganisationen gehen allerdings von höheren Zahlen aus. So wurden gemäß Data Civica seit der Eröffnung des Wahlkampfs im September mindestens 31 Politiker und Politikerinnen ermordet. Auch zahlreiche Parteifunktionäre und Familienmitglieder seien der politischen Gewalt zum Opfer gefallen.
Der Wahltag selbst verlief für mexikanische Verhältnisse ruhig. Nur 246 der gut 170.000 Wahlurnen konnten nicht eingerichtet werden, davon 108 im südmexikanischen Chiapas aufgrund einer Gewaltwelle des organisierten Verbrechens.