Psychologe fordert mehr Geld zur Erforschung der Sportsucht

Psychologe fordert mehr Geld zur Erforschung der Sportsucht
29.05.2024
epd
epd-Gespräch: Stefanie Unbehauen

Halle (epd). Der Sportpsychologe Oliver Stoll fordert mehr Geld für die Erforschung der Sportsucht. „Da es nur wenige Betroffene gibt, werden auch kaum finanzielle Mittel für die Forschung bereitgestellt. Das halte ich für ein Problem“, sagte Stoll dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Häufigkeit der Krankheit liege bei etwa drei Prozent der sporttreibenden Personen und bei unter einem Prozent der Gesamtbevölkerung. Sportsucht ist im Vergleich zu anderen Suchterkrankungen noch kaum erforscht. Stoll ist Professor für Sportpsychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ist einer der wenigen Experten, der seit Jahren zum Thema Sportzwang forscht.

Bereits die klare Definition einer Sportsucht sei schwierig. „Wir unterscheiden generell zwischen einer Sportbindung und einer Sportsucht“, stellte Stoll klar. Von einer Sportbindung spreche man, wenn Menschen sehr häufig und intensiv Sport machen, etwa zur Vorbereitung eines sportlichen Wettbewerbs wie einen Marathon. „Dann gibt es auf der anderen Seite die Sportsucht. Hierbei weisen Betroffene ein zwanghaftes Verhalten auf.“ So werde selbst bei Erschöpfung oder Erkrankung weiterhin Sport getrieben. „Die Gedanken kreisen nur noch um dieses Thema. Sport wird für Betroffene zum Lebensmittelpunkt“, erklärt Stoll. Auch der soziale Rückzug sei ein zentrales Merkmal.

Ursächlich für eine Sportsucht hält Stoll das Zusammenwirken verschiedener Komponenten. „Wir gehen davon aus, dass es eine genetische Disposition gibt. Aber auch bestimmte einschneidende, kritische Lebensereignisse wie Mobbing, Kündigung, Trennung oder der Verlust eines geliebten Menschen können Auslöser einer Sportsucht sein.“ Oft spielten verschiedene Faktoren zusammen in Kombination mit Persönlichkeitsmerkmalen wie Perfektionismus.

Besonders junge Menschen seien anfällig für die Entwicklung einer Sportsucht. Das habe auch mit den sozialen Medien zu tun. „Problematisch könnte sein, dass in sozialen Medien ein bestimmtes Schönheitsideal oder Körperbild propagiert wird, das junge Frauen und Männer unter Druck setzt. Dadurch kann eine Essstörung ebenso wie eine Sportsucht befördert werden“, warnte Stoll.