Berlin (epd). Der Bundesrat hat am Freitag die umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes passieren lassen. Damit wird künftig die Bundesregierung als Ganzes und nicht mehr Ministerien einzeln bei der Erreichung der Klimaziele in die Pflicht genommen.
Ministerien, die die Klimaziele in ihrem Bereich reißen, sind nicht länger zu Sofortprogrammen verpflichtet. Das bedeutet: Werden in einem Sektor die Ziele verfehlt - wie derzeit im Verkehr- und Gebäudebereich - kann ein anderer Bereich mit einer besseren CO2-Bilanz das ausgleichen.
Hinzu kommt, dass die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr jedes Jahr rückblickend geprüft, sondern stattdessen über mehrere Jahre betrachtet werden. Zeigt sich in zwei aufeinander folgenden Jahren, dass die Bundesregierung ihre Klimaziele für das Jahr 2030 voraussichtlich nicht erreichen wird, ist sie verpflichtet, nachzusteuern.
Der Bundestag hatte die Gesetzesänderung am 26. April verabschiedet. Opposition und Umweltverbände werfen der Bundesregierung vor, das Klimaschutzgesetz mit der Abschaffung der Sektorziele zu schwächen. „Die Verzögerung von Klimaschutz hat einen hohen Preis für uns“, warnte die Geschäftsleiterin Politik der Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp: „Sie treibt die Kosten für den Umbau in die Höhe und wird junge Menschen künftig in ihrer Freiheit stark einschränken.“
Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) äußerte ihren Unmut über die Gesetzesnovelle und forderte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dazu auf, dem „vom Bundesrat entkernten und verfassungswidrigen Klimaschutzgesetz“ die Unterschrift zu verweigern. Der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch drohte mit rechtlichen Mitteln, sollte das „Klimaschutz-Verhinderungsgesetz“ tatsächlich in Kraft treten.
Erst am Donnerstagabend hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Klagen der DUH stattgegeben und die Bundesregierung dazu verurteilt hat, ihr Klimaschutzprogramm 2023 zu überarbeiten, damit die Klimaschutzziele erreicht werden können. Das Klimaschutzprogramm enthält die konkreten Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung die Klimaziele erreichen will.
Unklar ist, inwieweit die nun auch vom Bundesrat gebilligte Änderung des Klimaschutzgesetzes sich auf die Konsequenz des Urteils auswirkt, das noch auf Grundlage des alten Klimaschutzgesetzes gefällt wurde. Das Bundeswirtschaftsministerium kündigte an, die Konsequenzen des Urteils nun zu prüfen. Eine Sprecherin sagte in Berlin, dass bereits vor dem Urteil klar gewesen sei, dass das Maßnahmenpaket im Klimaschutzprogramm 2023 allein nicht ausreiche, um die für 2030 gesteckten Klimaziele zu erreichen. Das Urteil bestätige den Nachsteuerungsbedarf. Das weitere Vorgehen werde nun innerhalb der Bundesregierung beraten.
Die Klimaziele der Bundesregierung bleiben auch mit der Reform unverändert. Für die Jahre 2020 bis 2030 schreibt das Klimaschutzgesetz maximale Jahresemissionsmengen vor. Bis 2030 müssen die klimaschädlichen Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken und bis 2040 um 88 Prozent gemindert werden. Von 2045 an will Deutschland klimaneutral wirtschaften.