Berlin (epd). Die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP haben sich nach langwierigen Verhandlungen über die Reform des Klimaschutzgesetzes verständigt. Das teilten alle drei Seiten am Montag in Berlin mit. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch betonte, durch die Novelle dürfe kein Gramm Kohlendioxid (CO2) mehr ausgestoßen werden. Er sprach von einem Durchbruch. Die Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Julia Verlinden, sagte, das neue Klimaschutzgesetz verpflichte die Bundesregierung erstmals, konkrete Klimaschutzmaßnahmen auch für die Jahre 2030 bis 2040 festzulegen.
Die Reform, die das Bundeskabinett im Juni 2023 auf den Weg gebracht hatte, ist umstritten. Sie sieht vor, dass bei der Minderung der Treibhausgas-Emissionen künftig nur noch zählt, ob die Klimaziele insgesamt erreicht werden. Für die FDP betonte ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender Lukas Köhler, die jährlichen Sektorziele - beispielsweise für die Energie- und Gebäudewirtschaft, die Industrie oder den Verkehrssektor - würden abgeschafft. Künftig sei nicht mehr wichtig, an welcher Stelle die Emissionen reduziert werden, erklärte er.
Das kommt Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zugute, der drei Jahre in Folge die Klimaziele für seinen Bereich verfehlt hat, wie erst am Montagvormittag der unabhängige Expertenrat für Klimafragen bestätigt hatte. Bisher müssen die Ministerien ein Vierteljahr später Sofortprogramme zur Nachsteuerung vorlegen. Wissing muss das nun nicht mehr tun, da das Gesetz laut FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in der kommenden Woche vom Bundestag verabschiedet werden soll.
Wissing begrüßte die Einigung als „vernünftigen Schritt“. Der FDP-Politiker hatte den Streit um das Klimaschutzgesetz in den vergangenen Tagen noch angeheizt, indem er damit drohte, dass zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor auch Fahrverbote notwendig werden könnten, wenn das Klimaschutzgesetz nicht reformiert werde. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen haben die Fraktions-Vizevorsitzenden am vergangenen Wochenende intensiv verhandelt und sich in der Nacht zu Montag geeinigt. Die Novelle, die das Bundeskabinett im Juni vergangenen Jahres auf den Weg gebracht hatte, war im Parlament über Monate nicht vorangekommen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, die Klimaschutzpolitik werde vorausschauender, flexibler und effizienter: „Die Bundesregierung trägt zukünftig noch stärker eine Gesamtverantwortung für die Einhaltung der Klimaziele“, sagte er. Die jeweiligen Jahresemissionsmengen blieben für das Monitoring und zur Bewertung bestehen, das sichere Transparenz.
Umweltverbände kommentierten die Einigung kritisch. Der BUND sprach von einem „Schlag gegen den Klimaschutz“. Der Vorsitzende Olaf Bandt erklärte, statt Verbindlichkeit und Zuständigkeit gebe es künftig geteilte Verantwortungslosigkeit. Dem Gesetz seien die Zähne gezogen worden. Ähnlich äußerte sich der WWF.
Das Klimaschutzgesetz legt die Schritte zur Erreichung der deutschen Klimaziele fest. Für die Jahre 2020 bis 2030 schreibt es maximale Jahresemissionsmengen vor. Bis 2030 müssen die klimaschädlichen Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken und bis 2040 um 88 Prozent gemindert werden. Von 2045 will Deutschland klimaneutral wirtschaften.
Die Koalitionäre einigten sich auch auf ein neues Solarpaket, das den Ausbau von Solaranlagen in der Hand von Kommunen, Unternehmen und Privatleuten beschleunigen und Bürokratie verringern soll.