Berlin (epd). Im Gesundheitsausschuss des Bundestags ist es durch eine Aktion der AfD-Fraktion am Mittwoch in Berlin zu einem Eklat gekommen. Der AfD-Abgeordnete Kay-Uwe Ziegler setzte sich auf den Platz der amtierenden Ausschuss-Vorsitzenden Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) und weigerte sich zunächst trotz Aufforderung, den Platz zu verlassen, wie mehrere Ausschussmitglieder schilderten. Ziegler wollte dagegen protestieren, dass die Mitglieder des Gesundheitsausschusses keinen AfD-Abgeordneten zum Vorsitzenden wählen wollen.
Ziegler habe unrechtmäßig die Sitzungsleitung übernehmen wollen, erklärte der SPD-Gesundheitspolitiker Christos Pantazis: „Dieses skandalöse Verhalten sucht seinesgleichen und ist absolut nicht hinzunehmen.“ Daraufhin hätten die Abgeordneten der anderen Fraktionen zunächst ihre Plätze nicht eingenommen, teilte er mit. Die Sitzung begann etwa eine Viertelstunde später.
Die Ausschuss-Vorsitzende Kappert-Gonther sprach von einer massiven Grenzüberschreitung. „Die versuchte Selbstermächtigung über die Ausschussleitung ist ein Angriff gegen die Demokratie“, urteilte die Grünen-Politikerin. Der Ausschuss habe vielfach geheime, demokratische Wahlen über den Vorsitz durchgeführt. Kein Kandidat der AfD habe eine Mehrheit bekommen, sagte die Grünen-Politikerin.
Der AfD-Abgeordnete Ziegler sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er habe sich als Obmann seiner Fraktion in dem Ausschuss auf den Platz der Vorsitzenden gesetzt, weil der Vorsitz der AfD-Fraktion zustehe. Er warf den übrigen Fraktionen vor, gegen die Geschäftsordnung des Bundestags zu verstoßen. Die AfD ist der Auffassung, dass sie selbst die Vorsitzende oder den Vorsitzenden bestimmt, wenn ihr der Ausschuss-Vorsitz zusteht.
Der AfD-Fraktion waren nach der Bundestagswahl 2022 drei Ausschuss-Vorsitze zugefallen. Die Vorsitze werden nach der Stärke der Fraktionen verteilt. Alle AfD-Kandidaten scheiterten aber wiederholt bei den Wahlen in den Ausschüssen, weil die Mitglieder der anderen Fraktionen sie ablehnten. Der Vorsitz wird dann von den Stellvertreterinnen oder Stellvertretern übernommen.
Einen Eilantrag der AfD-Fraktion auf eine vorläufige Einsetzung ihrer Kandidaten als Ausschuss-Vorsitzende hatte das Bundesverfassungsgericht im Mai 2022 abgelehnt. Die mündliche Verhandlung im Hauptsacheverfahren steht nach Angaben des Gerichts am 20. März an.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND), die AfD bediene sich „unglaublich undemokratischer Methoden“ und habe eine weitere Grenze überschritten. Über die Konsequenzen werde der Ältestenrat des Bundestags beraten.