Berlin (epd). Nach der Rettung von fast 80 Menschen aus Seenot im Mittelmeer ist die „Humanity 1“ in Italien festgesetzt worden. Die Behörden hätten am späten Montagabend eine 20-tägige Festsetzung angeordnet, erklärte die Seenotrettungsorganisation SOS Humanity am Mittwoch in Berlin.
Die Entscheidung sei damit begründet worden, dass die „Humanity 1“ eine gefährliche Situation für die Menschen in Seenot verursacht habe. „Tatsächlich war es die von der EU finanzierte sogenannte libysche Küstenwache, die das Leben der Flüchtenden im Wasser sowie unserer Rettungscrew gefährdeten“, betonten die Retter. „Wäre die sogenannte libysche Küstenwache nicht aufgetaucht, um Überlebende widerrechtlich nach Libyen zurückzubringen, hätten wir die Rettung geordnet durchgeführt“, erklärte der Kapitän der „Humanity 1“. Weil die Küstenwache jedoch gewaltsam eingegriffen habe, seien die Menschen in Panik ins Wasser gesprungen und die Rettung habe zunächst abgebrochen werden müssen.
77 Menschen wurden schließlich von der Besatzung der „Humanity 1“ gerettet und nach Crotone im Süden Italiens gebracht. Rund 20 Menschen seien gewaltsam an Bord des libyschen Patrouillenboots geholt und nach Libyen zurückgezwungen worden, erklärten SOS Humanity. Überlebende hätten zudem berichtet, dass die Libyer eine Person im Wasser zurückgelassen hätten.
Weitere 70 von der „Sea-Watch 5“ aus dem Mittelmeer gerettete Menschen gingen unterdessen in Lampedusa an Land, wie die Betreiberorganisation Sea-Watch in der Nacht zum Mittwoch im sozialen Netzwerk X, vormals Twitter, mitteilte. Ursprünglich war dem Schiff der Hafen von Reggio Calabria an der Spitze des italienischen Stiefels zugewiesen worden, wegen hohen Wellengangs, der den Weg nach Norden blockierte, hatten die Seenotretter um eine andere Anlaufstelle gebeten. Nachdem die italienische Küstenwache diesen Wunsch rund 36 Stunden lang verweigert habe, habe sie nun alle 70 Geretteten nach Lampedusa gebracht, erklärte Sea-Watch.
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. 2023 kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 3.000 Menschen bei der Überfahrt ums Leben oder sie werden vermisst. Seit Beginn dieses Jahres sind es demnach bereits mehr als 250. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weit höher.