Mexiko-Stadt, Port-au-Prince (epd). Nach der Eskalation der Bandengewalt hat Haiti einen Ausnahmezustand mit nächtlicher Ausgangssperre ausgerufen. Angesichts der massiven Verschlechterung der Sicherheitslage und der Erstürmung der beiden größten Gefängnisse des Landes durch kriminelle Banden am Wochenende gelte für die Region ein dreitägiger Ausnahmezustand, erklärte die Regierung am Sonntag (Ortszeit). In der Nacht zum Sonntag hatten bewaffnete Gruppen das Gefängnis in der Hauptstadt Port-au-Prince angegriffen und laut Medienberichten fast 3.600 der knapp 3.700 Insassen die Flucht ermöglicht. Weitere Gefangene flohen aus der zweitgrößten Haftanstalt in der Stadt Croix des Bouquets.
Die koordinierten Angriffe auf die Gefängnisse und auch auf Polizeistationen erfolgten, nachdem die Banden einen Aufstand gegen die Regierung angekündigt hatten. Augenzeugen berichteten von einem Dutzend Leichen in der Nähe der Haftanstalt von Port-au-Prince.
Interimsministerpräsident Ariel Henry befindet sich derzeit in Kenia, um die Entsendung einer internationalen Polizeieinheit zur Eindämmung der Gewalt in Haiti voranzutreiben. Im vergangenen Jahr meldete Haiti 8.400 Morde, Verletzungen und Entführungen in Zusammenhang mit der Bandengewalt, 122 Prozent mehr als 2022. Allein im Januar diesen Jahres haben die UN auf der Karibikinsel bereits 1.100 Opfer bestätigt, von denen 806 als Zivilisten identifiziert wurden, die keiner Gang angehörten.
Das Gefängnis von Port-au-Prince beherbergte nicht nur einige der prominentesten Kriminellen des Landes, sondern auch 18 kolumbianische Ex-Militärs, die des Mordes an Präsident Jovenel Moïse im Jahr 2021 beschuldigt werden. Die Kolumbianer befinden sich allerdings unter den wenigen Häftlingen, die nicht die Flucht ergriffen.