Verbändebündnis: "Staatliches Missmanagement" bei Wohnungsförderung

Verbändebündnis: "Staatliches Missmanagement" bei Wohnungsförderung
Das Bündnis "Soziales Wohnen" hat ausrechnen lassen, was es den Staat kostet, überhöhte Mieten für einkommensschwache Haushalte zu übernehmen. Mehr Sozialwohnungen wären besser, sagen die Verbände. Bauministerin Geywitz zweifelt sie Zahlen an.

Berlin (epd). Das Bündnis „Soziales Wohnen“ wirft Bund und Ländern „Missmanagement“ bei den staatlichen Unterstützungen für das Wohnen vor. Es stellte am Dienstag in Berlin eine Studie des Pestel-Instituts vor, wonach aus den Staatskassen im vorigen Jahr allein 700 Millionen Euro an überhöhten Mieten gezahlt wurden. Insgesamt haben danach die staatlichen Wohn-Hilfen erstmals mehr als 20 Milliarden Euro betragen. Der Studie zufolge fehlen rund 910.000 Sozialwohnungen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) nannte die Zahlen unseriös.

In dem Bündnis haben sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), der Deutsche Mieterbund, sowie Fachverbände der Caritas und der Bauindustrie zusammengetan. Hauptgrund für die Staatsausgaben ist dem Bündnis zufolge die jahrzehntelange Vernachlässigung des sozialen Wohnungsbaus. Bundesweit gebe es nur noch 1,1 Millionen Sozialwohnungen, sagte Studienleiter Matthias Günther vom Pestel-Institut. Vor 15 Jahren waren es rund zwei Millionen. Diese Zahl müsse wieder erreicht werden.

Am größten ist der Mangel an Sozialwohnungen in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Niedersachsen, wie aus der Studie hervorgeht. Danach fehlen in Baden-Württemberg rund 206.000 Sozialwohnungen, in Bayern 195.000, in Berlin 131.000 und in Niedersachsen 109.000 Sozialwohnungen. Hamburg und Nordrhein-Westfalen hingegen stehen beim Sozialwohnungsbestand mit rund 4.400 sowie 4.500 fehlenden Wohnungen vergleichsweise gut da.

Geywitz sagte dazu dem Sender „tagesschau24“ am Dienstag, die Studie, auf die sich die Verbände stützten, halte sie „für hochgradig unseriös“. Deshalb komme es auch zu „relativ absurden Ergebnissen“, beispielsweise, dass in Nordrhein-Westfalen angeblich weniger Sozialwohnungen fehlten als in Sachsen. Zugleich erklärte die Ministerin, tatsächlich fehlten überall Sozialwohnungen, möglicherweise sogar mehr als eine knappe Million. „Wir haben einfach die letzten zwei Jahrzehnte viel zu wenig Geld in Sozialwohnungen investiert. Das rächt sich jetzt“, bilanzierte die SPD-Politikerin.

Laut dem Leiter der Pestel-Studie, Matthias Günter, erklärte, die von den Behörden übernommenen Mieten lägen fast durchweg mindestens fünf Prozent über den örtlichen Durchschnittsmieten. Man müsse sich fragen, „ob wir am Ende nicht die Vermieter fördern“, sagte er. Besonders drastische Zahlen liefert die Stadt München. Hier lag die von den Jobcentern gezahlte Miete bei den Kosten der Unterkunft laut Studie mit 19,20 Euro pro Quadratmeter rund 6,40 Euro über der Münchner Durchschnittsmiete. Günther sagte, im Osten Deutschlands lägen die staatlich übernommenen Mieten in der Regel unter den Durchschnittsmieten. Das gelte allerdings nicht mehr für Städte. Die höchsten Mietpreise zahle der Staat aber im Westen und Südwesten.

Zu den staatlichen Hilfen zählen das Wohngeld für Geringverdiener und die Kosten der Unterkunft für Bürgergeld-Bezieherinnen und -Bezieher. Der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger sagte, wo günstige Wohnungen fehlten, „muss der Staat die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt akzeptieren“. Der Staat habe für die Wohn-Hilfen fünfmal so viel Geld ausgegeben wie für die Förderung des Sozialwohnungsbaus.

Die Verbände erneuerten ihre Forderung nach einer Kehrtwende beim Wohnungsbau und einem Sonderbudget von 50 Milliarden Euro für den Bau von Sozialwohnungen. Das Bündnis verlangt außerdem, die Mehrwertsteuer für den Neubau von Wohnungen auf sieben Prozent zu senken.

Die Ampel-Koalition wollte pro Jahr 400.000 neue Wohnungen errichten lassen, davon 100.000 Sozialwohnungen. 2023 wurden dem Bündnis „Soziales Wohnen“ zufolge aber nur rund 30.000 Sozialwohnungen fertiggestellt, in den Vorjahren rund 25.000. Von 2022 bis 2026 stellt der Staat 14,5 Milliarden Euro für den Sozialwohnungsbau bereit.