Osnabrück (epd). Eine frühere Mitarbeiterin der Ausländerbehörde des Landkreises Osnabrück soll seit Januar 2022 in mehr als 300 Fällen grob fehlerhafte Einbürgerungen vorgenommen haben. Die Osnabrücker Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit, wie ein Sprecher der Behörde am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd) erläuterte. Die 33-Jährige soll dabei rund 41.000 Euro unterschlagen haben. Der Landkreis hat der Sachbearbeiterin gekündigt und Anzeige erstattet. Zuerst hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ über den Fall berichtet.
Bei vielen Einbürgerungen soll die Frau nach Angaben des Landkreises vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfungen unterlassen haben wie Abfragen beim Bundeszentralregister und beim Verfassungsschutz sowie bei Staatsanwaltschaft und Polizei. In 189 Fällen habe sie nicht festgestellt, ob die Interessenten ihren Lebensunterhalt eigenständig bestreiten können. In weiteren Fällen war die Identität nicht geklärt, oder es fehlten Nachweise über notwendige Sprachkenntnisse. Das Einbürgerungsverfahren, das normalerweise mehrere Monate dauert, sei bei ihr deutlich kürzer gewesen.
Über einen Mittelsmann soll die Beschuldigte einbürgerungswillige Ausländer aufgefordert haben, die Gebühren in bar zum Behördentermin mitzubringen, da das EC-Lesegerät defekt sei. Das so erhaltene Geld soll sie in die eigene Tasche gesteckt haben. Nach Angaben des Landkreises war die Sachbearbeiterin von Februar 2021 bis Juli 2023 in der Ausländerbehörde beschäftigt und dort für einen festgelegten Buchstabenbereich zuständig.
Die Unregelmäßigkeiten fielen im vergangenen Jahr bei einer Kassenprüfung auf. Ein mögliches Motiv könnten Schulden sein, hieß es. In der Behörde sei aufgefallen, dass die Mitarbeiterin auch teilweise größere Mengen Gebäck entgegennahm. Alle von der Frau vorgenommenen Einbürgerungen seien nachträglich überprüft worden, sagte Landkreis-Sprecher Burkhard Riepenhoff. Sie blieben gültig, da keine Erkenntnisse vorlägen, die dagegen sprächen. Es wiege allerdings schwer, dass durch den Fall das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Handeln von Staat und Verwaltung erschüttert sei.
Die Staatsanwaltschaft konzentriert sich bei ihren Ermittlungen auf die mutmaßlich unterschlagenen Geldbeträge. Das konkrete Verwaltungshandeln sei nicht Gegenstand der Ermittlungen, sagte Staatsanwalt Christian Bagung dem epd. Aktuell gingen die Ermittler davon aus, dass die Beschuldigte über die anfallenden Gebühren hinaus keine Geldbeträge angenommen habe. Sie muss mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.
Die Sachbearbeiterin hat nach Angaben des Landkreises gegen ihre Kündigung geklagt. Eine Güteverhandlung sei ohne Ergebnis geblieben, die Hauptverhandlung stehe noch aus. Die Frau weise jegliche Verantwortung für die Fehlbeträge zurück.