Göttingen (epd). Mehr als 200 Bewohner eines Hochhaus-Komplexes in Göttingen klagen vor dem Landgericht aufgrund einer rechtswidrigen Quarantäne-Verordnung während der Corona-Pandemie auf Schmerzensgeld. Die Betroffenen aus 78 Familien forderten von der Stadt Göttingen eine Summe von mehr als 880.000 Euro, teilte Rechtsanwalt Sven Adam am Donnerstag mit. Das Verwaltungsgericht Göttingen hatte im November 2023 entschieden, dass die Absperrung des Gebäudes in der Groner Landstraße zwischen dem 18. und 25. Juni 2020 als Corona-Maßnahme rechtswidrig war (AZ: 4A 212/20).
Die Stadt Göttingen sei zunächst außergerichtlich zur Zahlung der Summe oder zu Vergleichsverhandlungen aufgefordert worden, hieß es. Die Stadt habe darauf nicht reagiert. Aufgrund der drohenden Verjährungsfrist sei nun Ende Dezember die Klage eingereicht worden.
Adam führte neben den Freiheitsentziehungen „tiefgreifende Persönlichkeitsrechtsverletzungen“ an, die einen Anspruch auf Schmerzensgeld rechtfertigten: „Wir werden nun mit umfassenden Beweisanträgen in den Verfahren die Fehlentscheidungen der Stadtverwaltung aufarbeiten und die teils lebensbedrohlichen Zustände innerhalb des Komplexes während der Umschließung zum Gegenstand der Beweisaufnahme machen.“
Die zwei Wohntürme in Göttingen gerieten im Jahr 2020 in die Schlagzeilen, weil sich dort unter prekären Verhältnissen hundertfach Corona-Infektionen verbreitet hatten. Aufgrund der Quarantäne-Abriegelung, unter anderem durch einen von Polizei gesicherten Bauzaun, hatte es vor dem Komplex Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern und Polizei gegeben.