Berlin (epd). Die frühere Bundesfamilienministerin und erste Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Christine Bergmann, beendet ihr zuletzt noch ehrenamtliches Engagement in der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Wie die Aufarbeitungskommission, deren Mitglied Bergmann seit 2016 ist, am Donnerstag in Berlin mitteilte, scheidet die 84-Jährige zum Jahresende aus. Die Aufarbeitungskommission hört Betroffene von Missbrauch an, dokumentiert ihre Erfahrungen, arbeitet sie wissenschaftlich auf und trägt damit dazu bei, die Sicht der Betroffenen in den Aufarbeitungsprozess einzubringen.
Bergmann habe „ihre unerschöpflich wirkende Energie“ dafür eingesetzt, dass Institutionen wie die Kirchen oder der Sport sich ihrer Verantwortung stellen und Gewalterfahrungen in Institutionen der DDR nicht in Vergessenheit geraten, würdigte die Kommission Bergmanns Engagement. „Wir verdanken ihr viel“, erklärte das Gremium.
Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus erklärte, es sei dem persönlichen Engagement von Bergmann zu verdanken, „dass Betroffene nach 2010 mehr und mehr den Mut fassten, mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu treten“. Bergmann wurde im März 2010 zur ersten Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung ernannt, nachdem Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche bundesweit erschüttert hatten.
Bergmann wurde 1939 in Dresden geboren und studierte Pharmazie. Direkt nach dem Mauerfall wurde Bergmann SPD-Mitglied und 1991 Berliner Arbeits- und Frauensenatorin. Von 1998 bis 2002 war sie Bundesfamilienministerin. Bergmann, die seit ihrer Jugend auch in der evangelischen Kirche aktiv war, hat sich vom Beginn ihrer politischen Laufbahn an für die Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen sowie für Kinderrechte eingesetzt. Sie gehörte nach dem Mauerfall zu den Mitinitiatorinnen des ersten Frauenhauses in Ost-Berlin.