Kirchenjuristin verteidigt Modell der Kirchensteuer

Kirchenjuristin verteidigt Modell der Kirchensteuer

Freiburg (epd). Die Mainzer Kirchenjuristin Anna Ott hat das deutsche Kirchensteuersystem gegen Kritik verteidigt. Eine Kultursteuer wie in anderen europäischen Ländern könne die derzeitigen finanziellen Bedarfe der Kirche in Deutschland nicht bedienen, „selbst wenn der Prozentsatz einer deutschen Kultursteuer ähnlich hoch wäre wie der der Kirchensteuer“, schreibt Ott in einem Beitrag für die Zeitschrift „Herder Korrespondenz“ (Januar-Ausgabe).

„Anders als oft vermutet, sind Staat und Kirche durch eine Kultursteuer enger miteinander verbunden als durch die Kirchensteuer“, so Ott: „So entscheidet der Staat zum Beispiel zumeist einseitig über die Höhe des Anteils.“ Was oft als Argument für eine Kultursteuer angebracht werde - nämlich eine vermeintlich lockerere Verzahnung von Staat und Kirche - entspreche nicht ihrem tatsächlichen Wesen. Ott: „In Spanien zum Beispiel konnte die Kultursteuer deshalb schon als politisches Druckmittel gegenüber der Kirche verwendet werden.“

In Deutschland muss nach derzeit geltendem Steuerrecht, wer der evangelischen oder katholischen Kirche angehört und auf seine Einkünfte Steuern zahlt, auch Kirchensteuer bezahlen. Die Kirchensteuer wird von den Finanzämtern eingezogen, die für den Verwaltungsaufwand je nach Bundesland zwischen zwei und vier Prozent der Einnahmen erhalten. Bei einer Mandats- oder Kultursteuer wie in Italien oder Spanien müssen alle Bürger eine Steuer zahlen, können sich aber aussuchen, ob ihr Geld an eine Religionsgemeinschaft oder eine soziale Organisation fließt.

Ein perfektes Kirchenfinanzierungssystem gebe es nicht, fügte Ott hinzu, die die Stabsstelle Kirchenrecht im Bischöflichen Ordinariat Mainz leitet. Die Kirche in Europa finanziere sich überall aus mehreren Quellen: „Das könnte auch in Deutschland mehr in den Fokus gestellt werden: neue Finanzierungsmöglichkeiten, die ergänzend zur Kirchensteuer eine langfristige Finanzierung priorisierter Aufgaben ermöglichen.“ Sinnvoll seien eine Kombination aus verschiedenen Finanzierungsquellen und „eine Priorisierung der kirchlichen Arbeit, die langfristig finanziert werden kann und soll“.