Durchbruch oder Diskriminierung?

Durchbruch oder Diskriminierung?
Debatte um Vatikan-Papier zur Segnung geht weiter
Nach der Veröffentlichung des Vatikan-Papiers zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren mit Billigung von Papst Franziskus gehen die Meinungen weiter auseinander. Die einen sehen in dem Dokument einen Durchbruch, andere eine Diskriminierung.

Frankfurt a.M. (epd). Die Debatte um die Vatikan-Erklärung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare hält an. Der katholische Theologe und Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht in dem Papier eine diskriminierende Note. „Es ist eine Segnung zweiter Klasse“, sagte Schüller der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch). Der Trierer Bischof Stephan Ackermann würdigte den Text dagegen als „theologischen und pastoralen Durchbruch“.

Schüller betonte, die Erklärung gebe im Grunde keine Handlungsanweisung für die Priester in den Gemeinden, alles bewege sich weiter in einem Graubereich. „Es wird zu einem freien Spiel der liturgischen Kräfte kommen“, sagte der Hochschulprofessor aus Münster voraus. Er erwarte „einen Kulturkampf in der katholischen Kirche zwischen reformerischen und konservativen Kräften“.

Der Trierer Bischof Ackermann betonte, er empfinde es als „gut und hilfreich“, dass Paare, die nicht kirchlich heiraten könnten oder wollten, den Segen empfangen könnten. In einem am Dienstagabend veröffentlichten Schreiben an die Verantwortlichen in der Seelsorge des Bistums rief Ackermann Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten zur Offenheit gegenüber Segenswünschen auf. Die römische Erklärung eröffne nun „mit höchster lehramtlicher Autorität die Möglichkeit, dem Wunsch nach Segen zu entsprechen“.

Auch der Aachener Bischof Helmut Dieser begrüßte das Schreiben des Vatikans. Damit erfahre die seelsorgliche Praxis im Bistum Aachen „eine tiefgehende pastoral-theologische Begründung durch die oberste kirchliche Lehrautorität“, erklärte Dieser am Mittwoch.

Bislang unterlag es Bischof Dieser zufolge der Gewissensentscheidung der Seelsorgenden im Bistum, im Einzelfall über die Spendung von Segnungen zu entscheiden. „Dies erfährt nun mit der Römischen Erklärung nicht nur eine Bestätigung, sondern darüber hinaus sogar eine Aufforderung, die vielfältigen Formen von Segnungen in seelsorglichen Beziehungen als Mittel der Evangelisierung zu verstehen und anzuwenden“, sagte der Bischof weiter.

Das vatikanische Dikasterium für die Glaubenslehre hatte am Montag mit Billigung von Papst Franziskus die Erklärung „Fiducia supplicans“ (deutsch: Das flehende Vertrauen) veröffentlicht. Ihr zufolge ist eine Segnung gleichgeschlechtlicher und wiederverheirateter Paare in der katholischen Kirche künftig möglich, sie wird vom Ehesakrament aber deutlich abgegrenzt. Paare in „irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare“ könnten gesegnet werden, ohne deren Status offiziell gleichzusetzen mit der Ehe zwischen Mann und Frau.