Trier (epd). Bei den Untersuchungen zu mutmaßlichen Missbrauchsfällen durch den gestorbenen katholischen Priester Edmund Dillinger sind mittlerweile neun Betroffene namentlich identifiziert. Mit sieben von ihnen hätten sie bereits persönlichen oder schriftlichen Kontakt gehabt, erklären die früheren Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada in dem am Mittwoch in Trier vorgestellten zweiten Zwischenbericht. Daneben gebe es weitere potenzielle Betroffene, auf die Dritte hingewiesen hätten, aber zu denen noch nichts Weiteres bekannt sei. Auftraggeber der Studie ist die Stiftung zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier. Für das erste Halbjahr 2024 planen beide Ex-Staatsanwälte ihren Abschlussbericht vorzulegen.
Der katholische Priester Dillinger soll über Jahrzehnte hinweg Missbrauchstaten und sexuelle Übergriffe dokumentiert haben. Nach dessen Tod im Alter von 87 Jahren hatte sein Neffe Fotos und Filme gefunden und sich an den Trierer Bischof Stephan Ackermann und die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums gewandt.
Auch die Staatsanwaltschaften Saarbrücken und Mainz hatten sich mit dem Fall beschäftigt. Im Saarland hatten Polizeibeamte sichergestellte Dokumente nach Abschluss der Ermittlungen vernichtet. Dillinger war unter anderem als Lehrer tätig, als Seelsorger für den Cartellverband katholischer deutscher Studentenverbindungen und als Vorsitzender des von ihm gegründeten Hilfsvereins CV-Afrika-Hilfe.
Zu den weiteren Erkenntnissen der Ex-Staatsanwälte zählt, dass Dillinger einen 15-Jährigen nach Alkoholkonsum „masturbiert habe“ sowie andere ins Bett gebracht und sich dabei an sie angekuschelt habe. In einer Abiturzeitung des Max-Planck-Gymnasiums Saarlouis von 1996 hatten die Schülerinnen und Schüler ein fiktives Inserat geschaltet: „Er sucht Ihn: Scheinheiliger Heiligenschein (kennt Papst und die Welt) sucht verlorenes Schaf zum Heimleuchten.“ Eine Person habe telefonisch auch von konkreten sexuellen Missbrauchstaten und Misshandlungen gesprochen, heißt es in dem Bericht. Allerdings hätte sie ihre Aussagen noch nicht offiziell zu Protokoll gegeben.
Hromada und Brauer kündigten an, in den kommenden Wochen noch Interviews mit den handelnden Personen des Trierer Generalvikariats zu führen und den Mitgliedschaften Dillingers in Bruderschaften, Foren und Zirkeln nachzugehen. „Ferner hoffen wir sehr, mit damaligen Studentinnen und Studenten in Kontakt treten zu können“, schreiben sie. Es gebe Kontakt zur Frauenrechtsorganisation Solwodi, die ein Ersuchen über Partnerorganisationen in Afrika streue. Auch mit dem katholischen Hilfswerk Missio ständen die früheren Staatsanwälte in Kontakt.