Hannover (epd). Die EKD-Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich hat auf die begrenzte Rolle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als Dachorganisation beim Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt hingewiesen. Die Verantwortung für die Aufarbeitung und den Umgang mit konkreten Fällen liege in den 20 Landeskirchen, sagte Heinrich am Mittwoch in Hannover. Das gelte auch für den Missbrauchsverdacht gegen einen ehemaligen Kirchenmitarbeiter in Siegen, für dessen Aufklärung die westfälische Landeskirche verantwortlich sei. Der mutmaßliche Missbrauchsfall hatte zum Rücktritt der EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschus geführt.
Heinrich verwies in einer digitalen Pressekonferenz auf anstehende Beratungen in den EKD-Leitungsgremien, bei denen zu klären sei, ob „generell Krisenmanagement in so einer Situation hätte anders laufen müssen“. Heinrich berichtete erneut, dass sie am 25. Mai über den Fall grundsätzlich informiert worden sei. Die persönliche Nähe von Kurschus zu dem Beschuldigten sei ihr aber erst sehr viel später bekannt geworden. Thema bei einer Ratssitzung sei der Verdachtsfall erst am 11. November gewesen.
Zu dieser Zeit, unmittelbar vor der EKD-Synodentagung in Ulm, hatte die „Siegener Zeitung“ über den Missbrauchsverdacht berichtet. Der Verdachtsfall reicht in die 90er Jahre zurück, Beschuldigter ist ein ehemaliger Kirchenmitarbeiter aus Kurschus' früherem Arbeitsumfeld in Siegen, den sie laut eigener Aussage sehr gut kennt. Er soll junge Männer sexuell bedrängt haben.
Kurschus war nach der Medienberichterstattung öffentlich unter Druck geraten und am 20. November vom EKD-Ratsvorsitz und als Präses der westfälischen Kirche zurückgetreten. Ihr wird vorgeworfen, mit dem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt nicht angemessen transparent umgegangen zu sein.