Berlin (epd). Ein Bündnis aus 18 Organisationen verlangt ein Böllerverbot zu Silvester. Unter Federführung der Deutschen Umwelthilfe das Bündnis am Mittwoch in Berlin von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Sprengstoffverordnung zu ändern und sowohl ein Verkaufs- als auch ein Verwendungsverbot für Böller und Raketen zu erlassen. Das Innenministerium erklärte dagegen, die bisherigen Regelungen schafften einen angemessenen Ausgleich zwischen den Wünschen der Bürger und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Mitglieder des Böllerverbots-Bündnisses sind unter anderem die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Bundesärztekammer, der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, die Deutsche Tinnitus-Liga und der Deutsche Tierschutzbund.
Nach zwei Jahren Corona-Pause habe der vergangene Jahreswechsel 2022/23 gezeigt, dass ein Böllerverbot dringender denn je sei, erklärten die Organisationen. In der Silvesternacht habe es die heftigsten Attacken mit Pyrotechnik auf Einsatzkräfte gegeben.
Zudem verzeichneten die Augenkliniken in Deutschland einen Höchststand an Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper. 838 Patientinnen und Patienten hätten deswegen medizinisch behandelt werden müssen. „Das ist die höchste je von uns erfasste Zahl“, sagte die Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann, Ameli Gabel-Pfisterer.
Zum Jahreswechsel 2020/21 mit damals coronabedingtem Versammlungs- und Böllerverbot zählten die Augenkliniken bundesweit 79 Verletzte. Besonders besorgniserregend sei mit 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, sagte Gabel-Pfisterer. Etwa 60 Prozent der Betroffenen seien Unbeteiligte gewesen.
Der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke sagte: „Wir werden im Silvestereinsatz mit Raketen und Böllern beschossen und dadurch schwer verletzt. Das muss ein Ende haben.“ Schon im Laufe des Jahres habe sich bei Fußballspielen oder zu Halloween gezeigt, dass mit Feuerwerk nicht mehr verantwortungsvoll umgegangen werde.
Laut einer Umfrage der Verbraucherzentrale Brandenburg von diesem Jahr befürworten auch 59 Prozent der Bevölkerung ein Böllerverbot. „Die Menschen wollen die jährliche ohrenbetäubende und gefährliche Böllerei nicht mehr“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch: „Wie viele Brände und Verletzte braucht es noch, bevor Nancy Faeser zwei Sätze aus der Sprengstoffverordnung streicht und so den Weg frei macht für ein endgültiges Böllerverbot?“
Das Bundesinnenministerium erklärte auf epd-Anfrage, das geltende Recht biete bereits umfassende Möglichkeiten, „um das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände zu begrenzen“. So sei Feuerwerk in der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie von besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen verboten. Darüber hinaus biete das Gefahrenabwehrrecht aller Länder die Möglichkeit, Silvesterfeuerwerk im Rahmen der Verhältnismäßigkeit einzuschränken.