Nach Kurschus-Rücktritt: Westfälische Synode verspricht Aufklärung

Nach Kurschus-Rücktritt: Westfälische Synode verspricht Aufklärung
Prekäre Haushaltslage zwingt zu Haushaltssperre
Am Tag vier nach dem Rücktritt von Präses Kurschus trifft sich die westfälische Synode - und spricht hinter verschlossener Tür intensiv über die Vorgänge. Am Ende steht eine Erklärung, der eine große Mehrheit des Kirchenparlaments zustimmt.

Bielefeld (epd). Auf der ersten Landessynode seit dem Rücktritt von Präses Annette Kurschus hat die westfälische Kirche die Verdienste der Theologin gewürdigt und „umfängliche Aufklärung“ des mutmaßlichen Missbrauchfalls versprochen, der den Rückzug der Theologin ausgelöst hatte. „Sexualisierte Gewalt im Zusammenhang kirchlicher Arbeit war und ist niemals hinnehmbar“, erklärte das Kirchenparlament am Freitag in Bielefeld. Nötig seien nun ein Innehalten und eine gründliche und selbstkritische Betrachtung aller Vorgänge.

Kurschus wird vorgeworfen, sie sei nicht transparent mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt an ihrem früheren Wirkungsort Siegen umgegangen. Am vergangenen Montag trat sie von ihren Ämtern als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen zurück.

Die Landessynode bedauerte diesen Schritt in einer Erklärung nach rund zweistündiger Aussprache hinter verschlossenen Türen, die nach Angaben von Teilnehmern mit großer Mehrheit angenommen wurde. Der Rückzug der 60-jährigen Theologin bedeute „einen schmerzlichen Verlust für die evangelische Kirche - weit über Westfalen hinaus“.

Der oberste Jurist der westfälischen Kirche, Arne Kupke, räumte ein, dass die Kirchenleitung bei Bekanntwerden des mutmaßlichen Missbrauchsfalls im ehemaligen Kirchenkreis Siegen uneins über den richtigen Weg zur Aufklärung gewesen sei, über die Notwendigkeit einer umfassenden Aufklärung sei man sich aber einig gewesen. Das Leitungsgremium der viertgrößten deutschen Landeskirche wolle aber nun in einem „neuen Miteinander“ die weiteren Aufgaben angehen.

Der mögliche Missbrauchsfall war im März umgehend der Staatsanwaltschaft gemeldet worden. Öffentlich wurde er erst durch einen Bericht der „Siegener Zeitung“ am 11. November, unmittelbar vor der EKD-Synode in Ulm. In der Folge war massiver Druck auf Kurschus entstanden, die den mutmaßlichen Täter sehr gut kennt.

„Die Berichte Betroffener über sexualisierte Gewalt durch einen ehemaligen kirchlichen Mitarbeiter im Evangelischen Kirchenkreis Siegen haben uns erschüttert und machen uns fassungslos“, erklärte die Landessynode. Sie bitte die betroffenen Menschen „in aller Form um Verzeihung“. Der Fall werde auch jenseits strafrechtlich relevanter Tatbestände und unabhängig vom Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen konsequent aufgeklärt: „Das sind wir allen Betroffenen, der Evangelischen Kirche von Westfalen, aber auch unserer ehemaligen Präses schuldig.“

Nach der internen Debatte über den Kurschus-Rücktritt befasste sich die Synode mit der prekären Finanzlage. Die Landeskirche stehe angesichts einer „besonderen Schieflage“ vor massiven Einsparungen, sagte Finanzdezernent Kupke. „Die Kirchensteuereinnahmen gehen nach vielen Jahren der Solidität zurück und die Ausgaben steigen in unglaubliche Höhen.“

Als Folge kündigte er eine Haushaltssperre an. Für den Haushalt der landeskirchlichen Ebene müsse zudem ein Haushaltssicherungskonzept erarbeitet werden, das dann der nächsten Synode im kommenden Mai vorgelegt werde. Die Landessynode berät am Samstag ausführlich über den Haushalt für das kommende Jahr und die mittelfristige Finanzplanung.