Bielefeld (epd). Die Synode der Evangelischen Kirche von Westfalen hat den Rücktritt von Präses Annette Kurschus bedauert und „umfängliche Aufklärung der Vorgänge im Kirchenkreis Siegen“ versprochen, die den Rückzug der Theologin ausgelöst hatten. „Sexualisierte Gewalt im Zusammenhang kirchlicher Arbeit war und ist niemals hinnehmbar“, heißt es in einer am Freitag in Bielefeld beschlossenen Erklärung der Landessynode. „Ihr muss in aller Entschiedenheit Einhalt geboten werden.“
Das Kirchenparlament hatte sich zuvor anderthalb Stunden lang hinter verschlossenen Türen über Kurschus' Rücktritt als westfälische Präses und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am vergangenen Montag ausgetauscht. Hintergrund des Rücktritts sind Vorwürfe, die 60-jährige Theologin sei nicht transparent mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt umgegangen, den die „Siegener Zeitung“ unmittelbar vor der EKD-Synode am 11. November öffentlich machte. Der Beschuldigte soll über Jahre hinweg junge Männer sexuell bedrängt haben.
„Die Berichte Betroffener über sexualisierte Gewalt durch einen ehemaligen kirchlichen Mitarbeiter im Evangelischen Kirchenkreis Siegen haben uns erschüttert und machen uns fassungslos“, heißt es in der Erklärung. Die Landessynode bitte die betroffenen Menschen „in aller Form um Verzeihung“. Der Fall werde auch jenseits strafrechtlich relevanter Tatbestände und unabhängig vom Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen konsequent aufgeklärt: „Das sind wir allen Betroffenen, der Evangelische Kirche von Westfalen, aber auch unserer ehemaligen Präses schuldig.“
Nötig seien nun ein Innehalten und anschließend eine gründliche, kritische und selbstkritische Betrachtung aller Vorgänge, erklärte die Synode der rund zwei Millionen westfälischen Protestanten. „Als Landeskirche wollen und werden wir aus den Vorgängen weiter lernen, wie ein angemessener, an den Betroffenen orientierter und verlässlicher Umgang mit sexualisierter Gewalt gelingen kann.“
Der Rücktritt von Annette Kurschus bedeute „einen schmerzlichen Verlust für die evangelische Kirche - weit über Westfalen hinaus“, heißt es in der Erklärung. Als Vorsitzende habe sie seit 12 Jahren der westfälischen Landeskirche und ihrer Synode klare Orientierung verliehen. „Ihre Berichte und Zeitansagen haben unserer synodalen Arbeit Inspiration und Tiefe verliehen, ihre große Präsenz, ihre Sprachkraft und ihre menschliche Zugewandtheit bleiben ein Segen für unsere Kirche.“