Sozialverbände fürchten Einschnitte durch Haushaltssperre

Sozialverbände fürchten Einschnitte durch Haushaltssperre
Viel Unsicherheit und kaum Antworten: Nachdem die Sozial-Kürzungen in der Bereinigungssitzung des Bundestag-Haushaltsausschusses gerade zurückgenommen worden sind, sorgt die Haushaltssperre infolge des Karlsruher Urteils nun für neue Fragen.

Berlin (epd). Die vom Bundesfinanzministerium verhängte Haushaltssperre für den Bundeshaushalt führt zu Verunsicherung. Mehrere Sozialverbände forderten die Bundesregierung am Dienstag in Berlin auf, möglichst schnell Planungssicherheit für die Angebote sozialer Träger zu schaffen. Aus den Ministerien hieß es, es sei noch zu früh für eine Bewertung, wie sich die Sperre auf einzelne Projekte auswirken werde.

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie, sagte am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin: „Wir nehmen die Regierungsfraktionen beim Wort und planen mit den Mitteln, die in der Haushaltsbereinigungssitzung für die Belange der Wohlfahrtspflege zugesagt wurden.“

Ende vergangener Woche hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags viele der geplanten Kürzungen im Sozialbereich zurückgenommen oder zeitlich gestreckt. Dazu zählen die geplanten Kürzungen von 80 Millionen Euro bei den Freiwilligendiensten im kommenden Jahr, womit weiterhin fast 330 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Noch ist dies aber nicht vom Bundestag beschlossen. Welche Folgen nun die Haushaltssperre für einzelne Etats haben könnte, ist derzeit offen.

Ein Sprecher des für die Freiwilligendienste zuständigen Bundesfamilienministeriums sagte dem epd, sobald die Sperre in Kraft ist, „können in diesem Jahr zulasten des kommenden bzw. der Folgejahre keine neuen Verpflichtungen eingegangen werden, auch wenn der Haushaltsplan dazu ermächtigt“. Bereits eingegangene Verpflichtungen seien nicht betroffen.

Das nächste Freiwilligenjahr beginnt im Herbst 2024, die Menschen, die seit diesem Herbst im freiwilligen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst sind, dürften nicht betroffen sein. Für die Caritas betonte Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa: „Es muss sichergestellt werden, dass die Haushaltssperre keine Verpflichtungsermächtigungen der Freiwilligendienste betrifft. Sonst wäre die gerade in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses erzielte Verständigung über deren Weiterfinanzierung infrage gestellt.“

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, sagte ebenfalls auf Anfrage: „Die Wohlfahrt erlebt eine Achterbahnfahrt ins Ungewisse.“ Als „die nächste Hiobsbotschaft“ bezeichnete er die Sperre der Verpflichtungsermächtigungen, „was wieder einmal die wichtige Arbeit der Freiwilligendienste trifft“. Solange die Haushaltssperre gelte, hätten die Träger und Einsatzstellen für das zweite Halbjahr keine Planungssicherheit. „Wir appellieren an den Bundestag, dabei zu bleiben, dass das Soziale nicht kaputtgespart werden darf“, sagte Schneider.

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums sagte dem epd auf Nachfrage, jedes Ressort prüfe derzeit, „was die haushaltswirtschaftliche Sperre der Verpflichtungsermächtigungen im Bundeshaushalt 2023 im Einzelnen bedeutet“. Das brauche Zeit. Sicher sei aber, dass die Sozialleistungen nicht gefährdet sind: „Gesetzliche Renten, Arbeitslosengeld, die Lebensunterhaltsleistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden natürlich auch weiterhin fristgerecht und in voller Höhe ausgezahlt“, sagte der Sprecher.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, warf Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor, mit der Haushaltssperre „Verunsicherung und Angst auszulösen“. Auf der Kippe steht laut Bentele die Energiepreisbremse, deren Verlängerung bis Ende März gerade beschlossen worden ist. „Wir befürchten, dass auch die Kindergrundsicherung wieder diskutiert und eventuell ganz gekippt werden könnte“, fügte sie hinzu. Zuvor hatte der Landkreistag das Aus für die Kindergrundsicherung gefordert. Auch die Union lehnt sie ab.