Bad Salzdetfurth (epd). Ehemalige Verschickungskinder fordern eine bundesweite und öffentlich finanzierte Anlaufstelle zur Beratung und Vernetzung. Zudem müsse eine öffentlich finanzierte Forschungsstelle eingerichtet werden, die unabhängige Recherchen und den Aufbau von Gedenkorten begleiten solle, heißt es in einer am Sonntag verabschiedeten Bad Salzdetfurther Erklärung. An der Tagung im Kurort Bad Salzdetfurth nahmen rund 100 Betroffene und Wissenschaftler teil.
Die Kleinstadt Bad Salzdetfurth im Kreis Hildesheim war der erste Ort, von dem bekannt wurde, dass dort Kinder auf sogenannten Kinderkuren zu Tode kamen. In Deutschland wurden nach Angaben der Initiative Verschickungskinder in den 1950er- bis 1980er-Jahren mindestens acht Millionen Mädchen und Jungen zu solchen Kinderkuren verschickt. Viele von ihnen hätten schwerwiegende körperliche und seelische Misshandlungen erlitten, was von den Trägern und zuständigen Behörden ignoriert oder geduldet worden sei, hieß es. Mehr als 20 Todesfälle seien inzwischen bekannt - „vermutlich nur die Spitze des Eisbergs“.
Basis der Aufarbeitung der Misshandlungen in den Kinderverschickungen sei nach wie vor die Bürgerforschung der vielen Tausend in der Initiative engagierten Betroffenen, heißt es in der Bad Salzdetfurther Erklärung weiter. Hinzu komme die sorgfältige journalistische Recherche von Menschen, „die mit unserer Initiative in engem Austausch stehen“.
Noch immer erschwerten Träger der Einrichtungen den Zugang zu relevanten Akten und gäben diese nur heraus, wenn publizistisch erheblicher Druck ausgeübt werde, beklagten die Kongressteilnehmer. Das müsse sich ändern: „Wir fordern freien Archivzugang, Offenlegung aller relevanten Quellen für die Bürgerforschung.“
In einem Appell an die Bundesregierung heißt es: „Schaffen Sie endlich auf Bundesebene die Grundlagen für eine angemessene Aufarbeitung der millionenfachen Leiden.“ Dies könne nur zusammen mit den vielen Forschenden der Initiative Verschickungskinder geschehen. „Ohne unsere Bürgerforschung würde dieses traurige und empörende Kapitel von Kinderrechtsverletzungen noch immer totgeschwiegen.“