Nairobi, Monrovia (epd). Nach einem sehr knappen Ergebnis in der ersten Runde waren die Menschen in Liberia am Dienstag zur Stichwahl um das Präsidentenamt aufgerufen. Die etwa 2,4 Millionen registrierten Wählerinnen und Wähler sollten entscheiden, ob Amtsinhaber George Weah eine zweite Amtszeit leisten oder durch den früheren Vizepräsidenten Joseph Boakai ersetzt werden soll. Wahlbeobachter aus der Zivilgesellschaft riefen die Parteien und Medien auf, die Lage nicht aufzuheizen.
Wie die Zeitung „Liberian Observer“ berichtete, klagte Boakai vor der Stichwahl über Einschüchterungen und Angriffe im verlängerten Wahlkampf gegen seine Parteikollegen. Amtsinhaber Weah hatte in der ersten Wahlrunde im Oktober lediglich wenige Tausend Stimmen mehr als Boakai erhalten und lag bei 43,8 Prozent der Stimmen, der Oppositionelle bei 43,4. Die Wahlbeteiligung war mit knapp 79 Prozent nach Angaben der Wahlkommission so hoch wie noch nie gewesen. Für die Stichwahl wird eine geringere Beteiligung erwartet.
Zur Stichwahl sind Wahlbeobachter der EU im Land, die bei der ersten Runde wenig auszusetzen hatten. Sie stellten lediglich fest, dass der Amtsinhaber staatliche Plattformen für seinen Wahlkampf genutzt und damit einen Vorteil hatte. Lokale Wahlbeobachter der zivilgesellschaftlichen Initiative ESR (Election Situation Room) riefen dem „Liberian Observer“ zufolge die Wahlbehörde zu Genauigkeit auf. Parteien und ihre Anhänger sollten davon absehen, inoffizielle Ergebnisse zu verkünden und spaltende Rhetorik vermeiden, ebenso wie Einschüchterungen.
Nach Angaben der Weltbank lebt etwa die Hälfte der 5,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Liberias von weniger als zwei Euro am Tag. Das Land erholt sich nur langsam von vergangenen Krisen: Beim Bürgerkrieg (1989-2003) wurden 200.000 Menschen getötet. Von 2014 bis 2016 starben 4.000 Menschen während einer Ebola-Epidemie in Westafrika.
Bereits 2017 hatten sich Weah und Boakai bei einer Stichwahl gegenübergestanden, die der ehemalige Fußballstar Weah mit knapp 63 Prozent für sich entscheiden konnte.