Ulm (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sieht den laut einer neuen Studie beschleunigten Rückgang der Kirchenbindung als Herausforderung. Sie blicke zugleich ernüchtert und ermutigt auf die Zahlen, sagte Kurschus bei der Vorstellung der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung am Dienstag in Ulm. Dass die Zahlen zurückgehen, „ist eine Tatsache, die keiner schönreden kann“, sagte die westfälische Präses. Man müsse aber auch sehen, dass es nach wie vor Erwartungen an die Kirche gebe, „die wir nicht kleinreden dürfen“.
Kurschus hob unter anderem heraus, dass die Kirchen als Stärkerinnen der Demokratie eine wichtige zivilgesellschaftliche Rolle spielten. Die Menschen erwarteten von der Kirche religiöse Kommunikation, aber auch Einsatz etwa für Flüchtlinge oder gegen den Klimawandel. Eine Aufgabe der Kirche sieht sie darin, angesichts der Entwicklung die Hoffnung zu behalten. Sie sei „der Motor aller Prozesse“.
Nach den Ergebnissen der am Dienstag veröffentlichten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung gehen Kirchenbindung und Religiosität der Deutschen schneller zurück als erwartet. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die vor vier Jahren durch eine andere Studie prognostizierte Halbierung der Mitgliederzahl bis 2060 bereits in den 2040er Jahren erreicht sein dürfte. Derzeit ist laut der Studie noch eine knappe Mehrheit der Deutschen christlich-konfessionell gebunden - evangelisch, katholisch oder orthodox. Nach derzeitigem Trend werde aber bereits 2024 der Anteil der christlich-konfessionell Gebundenen unter 50 Prozent sinken.
Die EKD lässt seit 1972 im Zeitraum von jeweils zehn Jahren untersuchen, wie Kirchenmitglieder über die Institution denken und wie religiös sie sind. In diesem Jahr wurde die Befragung auf die Gesamtbevölkerung ausgeweitet und die katholische Kirche hat sich erstmals beteiligt. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat zwischen Oktober und Dezember 2022 insgesamt 5.282 Personen befragt.