Frankfurt a.M., Bangkok (epd). Mit der Vertreibung Tausender Familien an der Tempelanlage Angkor Wat verstößt Kambodscha laut Vorwürfen von Amnesty International gegen die Menschenrechte. Viele der Menschen würden unter Druck gesetzt und eingeschüchtert, sich den Umsiedelungen zu beugen, erklärte Amnesty am Dienstag in Bangkok. Insgesamt seien Berichten zufolge rund 10.000 Familien betroffen, die in der Umgebung des Weltkulturerbes leben.
Die Menschen würden nun an Orte gebracht, in denen es keine angemessenen Unterkünfte, Sanitäranlagen oder Versorgung gebe. Landwirte seien außerdem von ihren Feldern getrennt, und viele Familien berichteten, dass sie nicht genug zu essen hätten, weil sie den Zugang zur Touristenattraktion Angkor Wat als ihrer Einkommensquelle verloren hätten.
Familien, die seit mehreren Generationen in Angkor lebten, würden auf grausame Weise entwurzelt und gezwungen, an schlecht vorbereiteten neuen Wohnorten von der Hand in den Mund zu leben, erklärte die geschäftsführende Vizeregionaldirektorin Montse Ferrer. Mit Blick auf die UN-Kulturorganisation Unesco, die die Welterbetitel vergibt, forderte sie: „Wenn die Unesco sich verpflichtet, die Menschenrechte in den Mittelpunkt all ihres Handelns zu stellen, dann sollte sie Zwangsräumungen als Mittel zur Verwaltung einer Welterbestätte unmissverständlich verurteilen, ihren Einfluss nutzen, um die kambodschanische Regierung aufzufordern, diese zu stoppen, und auf eine öffentliche und unabhängige Untersuchung dringen.“
Der kambodschanische Regierung hatte im vergangenen Jahr angekündigt, dass die Menschen um Angkor Wat gehen müssten, damit die Anlage nicht ihren Titel als Weltkulturerbe verliere. Die Unesco erklärte daraufhin laut Medienberichten, sie habe vor einiger Zeit Bedenken über eine unkontrollierte Entwicklung des Parks geäußert, aber nie zur Vertreibung der Bevölkerung aufgerufen. Angkor Wat wurde zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert erbaut und ist seit 1992 Weltkulturerbe.