Theologe Körtner: Nahost-Konflikt zeigt "Wahnwelten" von Religion

Theologe Körtner: Nahost-Konflikt zeigt "Wahnwelten" von Religion

Wien (epd). Der Nahost-Konflikt ist nach Ansicht des Wiener Theologen Ulrich Körtner auch ein Beispiel für die Schattenseiten und „Wahnwelten“ von Religion. Es sei nichts damit gewonnen, „wenn dem Kampf der Hamas und der Hisbollah, die sich nicht etwa nur die Schaffung eines eigenen Palästinenserstaates, sondern die Auslöschung Israels und seiner Bewohner zum Ziel setzen, sein religiöser Charakter abgesprochen wird“, heißt es in einem Gastbeitrag des Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien für die österreichische Wochenzeitung „Die Furche“ (Donnerstag).

„Man mag aus gemäßigter muslimischer Sicht die Ideologie der Hamas, der Hisbollah oder des IS als Perversion der eigenen Religion verurteilen“, fügte Körtner hinzu: „Aber auch religiöse Wahnwelten sind religiös. Und eben das macht sie für alle Welt so gefährlich.“ Körtner sagte: „Selbst eine vermeintlich säkulare, tatsächlich aber quasireligiöse Züge tragende Umweltschutzorganisation wie 'Fridays for Future' und ihre Galionsfigur Greta Thunberg sind in ihren Bann geraten. Ihre antisemitischen Postings verbreiten das Narrativ der Hamas und haben die Bewegung unwiederbringlich beschädigt.“

Gerade wenn man den Nahost-Konflikt in seiner politischen Komplexität begreifen wolle, „muss man Religion als politischen Faktor ernst nehmen“, fügte der Theologe hinzu: „Das gilt schließlich auch für den Iran und sein Mullahregime.“ Lese man die Charta der 1987 gegründeten Hamas, stoße man auf eine durch und durch religiöse Ideologie. „Man mag in ihr eine wahnhafte Form des Islam sehen, gleichwohl handelt es sich um eine Form von Religion und nicht etwa nur um einen politischen Missbrauch derselben.“

Daher begründe die Hamas auch ihren „eliminativen Antisemitismus ausdrücklich religiös“, sagte Körtner: „Der Islam dient nicht nur als politische Ideologie, sondern als umfassender, totalitärer Lebensentwurf, wie es in der Charta heißt.“