Berlin (epd). Der Alte Turm der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin soll nach seiner Umgestaltung mehr Angebote der Erinnerungskultur bieten und zeitgemäßer gestaltet werden. Gleichzeitig bleibe die Ruine als Gesamtkunstwerk und Mahnmal erhalten, sagte Gedächtniskirchen-Pfarrerin Sarah-Magdalena Kingreen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Turmöffnungen würden nicht verglast: „Es soll spürbar sein, dass etwas zerstört wurde, das wir nicht künstlich wieder heil machen.“
Durch die geplante Erweiterung im Innern des Turms werde mehr Raum für zeitgeschichtliche Informationen zur Verfügung stehen. Der Gewinnerentwurf beim Wettbewerb um die neue Gestaltung des Turms sieht eine, durch die zusätzliche Nutzung der Obergeschosse von 200 auf 500 Quadratmeter vergrößerte Ausstellungsfläche vor.
In der Gedenkhalle im unteren Geschoss werde es um Kaisertum, Macht, Kirche, den Nationalsozialismus sowie Bekennende Kirche und Deutsche Christen gehen, sagte Kingreen. Sie ist als zweite Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche für größere Bauvorhaben zuständig.
Im ersten Obergeschoss sieht der Gewinnerentwurf des Dubliner Architektenbüros Heneghan Peng ein Wasserbecken, im zweiten Obergeschoss Informationen zu Möglichkeiten für Frieden und Versöhnung vor. „Es bleibt etwas Zerstörtes, zugleich wird eine vertikale Lichtachse eingezogen, indem die oberste Decke weggenommen wird“, erläutert Kingreen weiter.
Derzeit seien die Obergeschosse nur innerhalb von Führungen begehbar. „Das soll sich ändern, die Turmruine soll ein Ort der Erfahrung für alle Menschen werden.“ Auch Touristen ohne historisches Interesse seien „herzlich eingeladen, diesen Turm zu besteigen“, sagte die Pfarrerin. „Egal, auf welcher Höhe ich stehe und herausschaue, ich gucke auf das älter gewordene Neue, auf andere Zeitachsen.“ Menschen, die diese Stufen hochstiegen, kämen nicht umhin, sich mit Zerstörung und Geschichte auseinanderzusetzen.
Die Bauarbeiten für das rund elf Millionen Euro teure Projekt sollen laut Kingreen bis Jahresende beginnen und bis 2027 abgeschlossen sein. Es sei Teil der Sanierung des Gesamtensembles der Gedächtniskirche, betonte Kingreen. Der Alte Turm der durch einen Bombenangriff 1943 stark beschädigten Gedächtniskirche wurde nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1963 durch ein vierteiliges Gebäudeensemble des Architekten Egon Eiermann (1904-1970) ergänzt. Derzeit würden alle Gebäude auf korrodierte Eisenelemente im Beton überprüft, sagte Kingreen. Die Gesamtsanierung werde 35 Millionen Euro kosten und bis 2028 abgeschlossen sein.