Wiesbaden (epd). Im vergangenen Jahr sind bundesweit 17.168 Kinder unter 14 Jahren Opfer sexuellen Missbrauchs geworden. In fast jedem siebten Fall handelte es sich dabei um Kinder, die noch nicht das sechste Lebensjahr erreicht hatten, wie das Bundeskriminalamt (BKA) am Montag in Wiesbaden mitteilte. Außerdem seien 1.211 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren Opfer sexuellen Missbrauchs geworden. Die Daten sind Teil des am Montag erstmals veröffentlichen Bundeslagebilds „Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen“ des BKA, das künftig jährlich erscheinen soll.
Das neue Lagebild schärfe den Blick für dieses Themenfeld, sagte BKA-Präsident Holger Münch. Dies sei „angesichts steigender Hinweis- und Fallzahlen notwendig, um Bekämpfungs- und Präventionsstrategien passgenau entwickeln zu können“. Kein Täter dürfe sich sicher fühlen, kein Opfer ohne Hilfe bleiben, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Deutlich gestiegen sei die Zahl der Fälle der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Inhalten. Die Polizei habe 2022 insgesamt 42.075 Fälle mit kinderpornografischen Inhalten registriert, was einem Plus von 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2021: 39.171 Fälle) entspreche. Um fast ein Drittel (32,1 Prozent) auf 6.746 Fälle stieg die Anzahl derer mit jugendpornografischen Inhalten (2021: 5.105).
Laut Bundeslagebild waren im vergangenen Jahr 12.692 der Opfer sexuellen Missbrauchs weiblich und 4.476 männlich. Manche Fälle bezogen sich auf mehrere Opfer, sodass das BKA bei den Kindern 15.520 Fälle von sexuellem Missbrauch zählte. 2021 waren es mit 15.507 nur geringfügig weniger Fälle, eine deutliche Steigerung ist gegenüber 2018 mit 12.321 Fällen zu sehen. Im Fünf-Jahres-Durchschnitt liegt die Zahl der Fälle bei 14.322.
Beim sexuellen Missbrauch von Jugendlichen wurden vergangenes Jahr 1.135 Fälle und 925 Tatverdächtige registriert. Hier liegt der 5-Jahres-Durchschnitt bei 1.044 Fällen.
Unter dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern seien im vergangenen Jahr 11.556 Personen ermittelt worden, wobei 9.455 von ihnen Deutsche seien. 94,3 Prozent oder 10.901 Tatverdächtige waren männlich. Bei weiblichen Tatverdächtigen dürfte das Dunkelfeld laut BKA größer sein, da „sexuelle Missbrauchshandlungen von Frauen im Allgemeinen seltener als strafbare Handlungen eingestuft und daher auch seltener zur Anzeige gebracht werden dürften“.
Der Anteil kindlicher und jugendlicher Tatverdächtiger habe bei über 30 Prozent gelegen. Polizeiliche Erfahrungswerte legten nahe, dass Minderjährige häufig bereits in frühem Alter sexuelle Erfahrungen mit gleichaltrigen oder jüngeren Personen sammelten und sich dabei oft nicht der Strafbarkeit ihrer Handlungen bewusst seien.