Berlin (epd). Die beiden Gruppen von Bundestagsabgeordneten, deren Vorschläge für ein Sterbehilfe-Gesetz vor der Sommerpause abgelehnt wurden, arbeiten an einem neuen Anlauf zur Regulierung der Suizidassistenz. Wie die Parlamentarierin Katrin Helling-Plahr (FDP) am Dienstag in Berlin mitteilte, ist die fraktionsübergreifende Gruppe, die für eine liberale Regelung eintrat, wieder zu Beratungen zusammengekommen. Auch der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci, der gemeinsam mit anderen eine strengere Regelung vorschlug, führt neue Gespräche. „Zurzeit loten wir das weitere Vorgehen aus und beraten, welche Änderungen ihm im Parlament zu einer Mehrheit verhelfen können“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Anfang Juli waren beide Gruppen mit ihren Gesetzentwürfen im Bundestag gescheitert. Weder die Gruppe um Helling-Plahr und Künast, die im Kern Suizidassistenz an eine Beratungspflicht knüpfen wollte, noch der striktere Vorschlag der anderen fraktionsübergreifenden Gruppe um Castellucci, die eine strafrechtliche Regelung beibehalten und ärztliche Gutachten zur Voraussetzung für die Hilfe bei der Selbsttötung machen wollte, bekamen genug Unterstützung.
Um eine gesetzliche Regelung wird gerungen, seitdem das Bundesverfassungsgericht 2020 entschieden hatte, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, sich das Leben und dabei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Es kippte damit ein pauschales Verbot organisierter Suizidassistenz. Bei der Hilfe zur Selbsttötung wird Sterbewilligen ein tödlich wirkendes Medikament überlassen, jedoch nicht verabreicht. Letzteres wäre eine Tötung auf Verlangen, die in Deutschland verboten ist.
Die derzeitige Rechtslage sei unbefriedigend, sagte Helling-Plahr. Renate Künast (Grüne) erklärte: „Die Realität ist: Sterbehilfe findet in Deutschland statt.“ Ohne eine Gesetzesgrundlage gebe es jedoch weder Schutzvorschriften, noch sei sichergestellt, „dass alle Menschen einen würdevollen Weg gehen können“. Der Gruppe gehören den Angaben zufolge auch weiterhin Vertreterinnen und Vertretern von SPD und Linken an. Am aktuellen Gespräch habe aber auch erstmals ein Vertreter der Union im Bundestag teilgenommen, der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter.
Der Gruppe um Castellucci gehörten bereits damals Vertreter und Vertreterinnen aller im Bundestag vertretenen Fraktionen außer der AfD an. Castellucci sagte, im Parlament werde nur eine Lösung eine Mehrheit finden, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts „umfassend umsetzt“. Dies bedeute, die Selbstbestimmung der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und diese Selbstbestimmung gleichzeitig wirksam vor Missbrauch und Helfern, die wirtschaftliche Interessen vor den freien Willen der Menschen stellen, zu schützen. Bei der Frage nach der rechtlichen Umsetzung wolle er nun insbesondere bei denjenigen, die beide Entwürfe im Parlament abgelehnt oder dazu öffentlich aufgerufen haben, nach Vorschlägen fragen, sagte er.