München (epd). Der muslimische Antisemitismus lässt sich nach Ansicht des Freiburger Islamwissenschaftlers Abdel-Hakim Ourghi nicht ausschließlich auf die politischen Folgen nach der Gründung des Staates Israels zurückführen. Eine solche Begründung sei „zum Scheitern verurteilt“, denn so würden die „historischen und religiösen Wurzeln, die schon im siebten Jahrhundert auszumachen sind, nicht wahrgenommen“, sagte Ourghi dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag.
„Die islamische Judenfeindschaft ist religiös motiviert und findet zweifelsohne ihre religiöse Legitimation in den muslimischen kanonischen Schriften“, urteilte Ourghi, der vor wenigen Monaten ein Buch mit dem Titel „Juden im Koran. Ein Zerrbild mit fatalen Folgen“ im Münchner Claudius-Verlag veröffentlicht hat. Die Gründung Israels und der Nahostkonflikt seien „Katalysatoren für die Verbreitung des Antisemitismus unter den Muslimen“ gewesen. Sie seien aber nicht die einzige Ursache oder gar die Wurzel dafür.
Der muslimische Judenhass gehe „auf die islamisch-arabische Tradition in der Frühzeit des Islam zurück“, sagte Ourghi weiter. Er sei „vom politisch-juristischen Koran und der Rolle des Propheten als politischem Herrscher nicht zu trennen“. Eine „nur politische Lösung des Nahostkonflikts“ wird Ourghis Meinung zufolge den islamischen Antisemitismus nicht beenden. Dies sei Wunschdenken, denn die Gründe für den islamischen Antisemitismus lägen „im Koran und der Tradition des Propheten als kanonische Quellen“.
Auch wenn die Gefühle von Muslimen dadurch verletzt würden, müsse man „deutlich sagen, dass der Koran, die Tradition des Propheten und sein Handeln als politisches Oberhaupt der Religionsgemeinschaft“ Grundlage für den Judenhass darstellen: „Betrachtet man den Umgang des Koran und das religiöse und grausame politische Handeln des Propheten mit den Juden“, entdecke man ein Gewaltpotenzial im politischen Islam, „das sich aus der Unbedingtheit der eigenen religiösen Überzeugung“ speise.