Brüssel, Granada (epd). Beim informellen EU-Gipfel im spanischen Granada droht erneut Streit über die gemeinsame EU-Migrationspolitik. Ungarns Premierminister Viktor Orbán kündigte am Freitag an, eine geplante gemeinsame Erklärung zum Thema nicht mitzutragen. „Es gibt keine Einigung bei Migration“, sagte er vor Beginn des Treffens der 27 Staats- und Regierungschefs. „Politisch ist das unmöglich, nicht für heute, sondern ganz allgemein gesprochen, für die nächsten Jahre.“
Nach wochenlangem Streit hatte sich eine Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten am Mittwoch auf die sogenannte Krisenverordnung geeinigt, ein Kernelement der geplanten EU-Asylreform. Damit sollte der Weg freigemacht werden für die Reform insgesamt. Die Regierungen von Polen und Ungarn stimmten gegen die Verordnung, Österreich, Tschechien und die Slowakei enthielten sich.
Orbán erklärte am Freitag, Polen und Ungarn seien nicht einverstanden gewesen mit dem Vorschlag, aber der Rat der EU, das Gremium der Mitgliedsstaaten, habe den Vorschlag dennoch durchgesetzt. „Polen und Ungarn wurden dabei komplett ausgeklammert. Nach diesem Vorfall gibt es keine Chance, irgendeine Form von Kompromiss oder Vereinbarung im Bereich Migration zu haben.“
In drastischen Worten ergänzte Orbán, Polen und Ungarn seien „rechtlich vergewaltigt“ worden. „Wenn man also rechtlich vergewaltigt wird, zu etwas gezwungen wird, das einem nicht gefällt, wie will man dann einen Kompromiss oder eine Einigung erzielen? Das ist unmöglich.“
Die EU will die groß angelegte Asylreform noch vor den Europawahlen im Juni 2024 verabschieden. Ein großes Problem in der europäischen Migrationspolitik ist aber, dass sich Mitgliedsstaaten bereits heute nicht an die Regeln des bestehenden gemeinsamen europäischen Asylsystems halten.