Hannover (epd). Die Stadtverwaltung Hannover hat eingeräumt, dass es in ihren Reihen „antiziganistische Handlungsmuster gibt“. Das belegten die Ergebnisse der 2021 veröffentlichten Studie 'Mechanismen des institutionellen Antiziganismus'", hieß es am Mittwoch auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Zuvor hatte die Hannoversche Allgemeine Zeitung (Mittwoch) berichtet, dass die Behörde über Jahre Sinti und Roma systematisch diskriminiert habe. Die Autoren des Berichtes berufen sich dabei auf eine Untersuchung über eine anonymisierte, aber repräsentative Großstadt, die sie als Hannover identifiziert haben wollen.
Roma wurden laut dem Bericht gezielt in teils menschenunwürdigen Unterkünften untergebracht oder sollen willkürlich umquartiert worden sein. Beim Jobcenter seien Anträge von Roma verloren gegangen und zustehende Dolmetscher verweigert worden. Das alles sei geschehen mit dem Ziel, den Roma das Leben in Hannover möglichst unbequem zu machen, um keinen Anreiz für weitere Zuzüge zu setzen. Die Autoren sprachen von einer „Unbequemlichkeitskultur“ in der Stadt und sahen darin einen Beleg für institutionellen Antiziganismus und Rassismus.
Die Stadt Hannover wies auf Anfrage einige konkrete Vorwürfe zurück, etwa die Verteilung auf Unterkünfte nach Herkunft oder Ethnie. Dennoch sei das Ergebnis der Studie „für eine Stadt, die für sich als Anspruch und Leitmotiv ihres Handelns festgelegt hat, ein offenes, auf Wertschätzung, Vielfalt und gleichberechtigte Teilhabe basierendes Miteinander zu leben, inakzeptabel“. Die Sozialdezernentin der Landeshauptstadt, Silvia Bruns, verwies auf bereits erfolgte Verbesserungen, kündigte aber auch an, enger mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenzuarbeiten, um staatliches Handeln transparent und diskriminierungsfrei zu gestalten.
Die Studie der Soziologen Tobias Neuburger und Christian Hinrichs der Leibniz-Universität Hannover mit dem Titel „Mechanismen des institutionellen Antiziganismus: Kommunale Praktiken und EU-Binnenmigration am Beispiel einer westdeutschen Großstadt“ ist mit Unterstützung des Bundesinnenministeriums im Auftrag der unabhängigen Kommission Antiziganismus entstanden. Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus, Mehmet Daimagüler, nannte die Ergebnisse der Studie „leider nicht überraschend, denn sie decken sich mit den Erfahrungsberichten vieler Sinti und Roma“.
Positiv wertete Daimagüler, dass die Stadt Hannover das Problem anerkenne. „Es braucht einen Prozess der selbstkritischen Überprüfung und der Veränderung - nicht nur in der Stadtverwaltung Hannover, sondern in der öffentlichen Verwaltung bundesweit“, forderte der Antiziganismus-Beauftragte.