Bundeskabinett billigt Klimaschutzprogramm - Kritik von Verbänden

Bundeskabinett billigt Klimaschutzprogramm - Kritik von Verbänden
Beim Klimaschutz läuft die Ampel-Koalition weiter den eigenen Zielen hinterher. Zwar wird das Klimaschutzprogramm dazu beitragen, die CO2-Emissionen zu mindern - aber es reicht nicht, um auf den gesetzlich festgelegten Pfad zu kommen.

Berlin (epd). Das Klimaschutzprogramm 2023 von Bundeswirtschafts- und -klimaminister Robert Habeck (Grüne) hat das Bundeskabinett passiert. Die Ministerrunde stimmte am Mittwoch in Berlin zu, obwohl die 130 aufgeführten Maßnahmen voraussichtlich nicht ausreichen werden, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Habeck erklärte, die Klimaschutzlücke werde deutlich reduziert, aber nur bis zu 80 Prozent. Es würden im Jahr 2030 immer noch rund 200 Millionen Tonnen CO2 zu viel ausgestoßen. Der Expertenrat für Klimafragen, der die Vorhaben der Bundesregierung prüft, geht von einer noch größeren Lücke aus.

Deshalb seien weitere Anstrengungen erforderlich, erklärte Habeck. Gleichwohl sei das Klimaschutzprogramm 2023 ein großer Fortschritt, insbesondere gegenüber den unzureichenden Maßnahmen der Vorgängerregierung. Es gebe in der Wirtschaft und vielen Unternehmen eine Dynamik, die Erneuerung aktiv zu gestalten. Entscheidend sei aber die Umsetzung: „Daran zu arbeiten, ist eine Aufgabe für die gesamte Regierung“, erklärte Habeck und ging damit indirekt auf die wiederholte Verfehlung der CO2-Minderungsziele im Verkehrssektor ein.

Ein Sprecher von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wies Kritik aus den Bundesländern zurück, die Finanzierung des Deutschland-Tickets sei nicht gesichert. Es gebe eine Vereinbarung bis 2025, sagte er, wonach die Länder jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro vom Bund erhalten. Es sei nun an ihnen, ihren Beitrag zu leisten, damit das Ticket finanziert werden könne. Verkehrsminister Wissing zählt das 49-Euro-Ticket zu den emissionsmindernden Maßnahmen in seinem Bereich, neben Investitionen in die Bahn, eine Lkw-Maut, der Reform des Straßenverkehrsrechts und mehr Homeoffice.

Das Klimaschutzprogramm ist der operative Teil des Klimaschutzgesetzes, das die rechtlich verbindlichen Klimaziele festschreibt. Bis 2030 müssen demnach die klimaschädlichen Emissionen gegenüber 1990 um 65 Prozent sinken. Von 2045 an muss Deutschland klimaneutral wirtschaften.

Zu den Maßnahmen zählen der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien. Habeck verwies darauf, dass die Gesetze zum Ausbau der Windkraft an Land und auf See bereits verabschiedet seien. Der Anteil grünen Stroms soll von 46 Prozent (2022) bis 2030 auf 80 Prozent steigen. Im Gebäudesektor soll der Heizungstausch ab kommendem Jahr für sinkende CO2-Emissionen sorgen. Im Bereich Landwirtschaft strebt die Regierung eine Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 an und lässt eine Ernährungsstrategie erarbeiten, die helfen soll, den Fleischkonsum zu reduzieren.

Der Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 war dem Kabinett im Juni vorgelegt worden, anschließend wurden Bundesländer und Verbände dazu angehört. Eine Sprecherin des Klimaministeriums sagte, es seien vor dem Kabinettsbeschluss keine wesentlichen Änderungen mehr vorgenommen worden, damit man mit der Umsetzung des Programms starten könne. Die Einwände und Anregungen würden aber künftig berücksichtigt.

Die Klima-Allianz Deutschland forderte die Regierung auf, sofort nachzusteuern. Andernfalls nehme sie „einen weiteren Rechtsbruch in Bezug auf das Klimaschutzgesetz“ in Kauf. Sofort müssten etwa ein Tempolimit eingeführt und klimaschädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg abgebaut werden. Ähnlich äußerte sich die Deutsche Umwelthilfe. Man werde die Regierung durch Klimaklagen, die vor Gericht ab November verhandelt werden sollen, zu notwendigen, zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen verpflichten, erklärte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Bereits im August hatten mehr als 40 Umwelt- und Sozialverbände die Ampel-Koalition aufgefordert, das Klimaschutzprogramm nachzubessern und Sofortmaßnahmen zu ergreifen.