Hamburg (epd). Die Erde steht nach Erkenntnissen von Wetter- und Klimaexperten vor nicht mehr abwendbaren, massiven Veränderungen. Der Klimawandel werde in großen Teilen ungebremst erfolgen, erklärten Wissenschaftler zum Auftakt des 13. Extremwetterkongresses am Mittwoch in Hamburg. Mahnungen zum entschlossenen Klimaschutz sowie zur Anpassung an veränderte Klimabedingungen stehen im Mittelpunkt der bis Freitag dauernden Konferenz, wie die Organisatoren mitteilten.
„Das Pariser Rahmenabkommen ist faktisch gescheitert, weil immer weniger Länder daran glauben, dass immer mehr Länder die nötigen Maßnahmen wirklich ergreifen“, sagte Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und Veranstalter des Kongresses. Im Pariser Klimaabkommen von 2015 hat sich die Staatengemeinschaft dazu verpflichtet, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, erläuterte: „Wir müssen uns damit abfinden, dass die 1,5-Grad-Grenze überschritten werden wird.“ Es werde nur noch mit enormer Anstrengung möglich sein, die Erwärmung unter der 2-Grad-Grenze zu halten. „Wir sind aktuell eher auf dem Weg in eine 3-Grad-Welt bis zum Ende des Jahrhunderts.“
Marotzke forderte, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die weitere Erwärmung einzudämmen. Er nannte Klimaschutz einen „Marathonlauf“: Reduziere der Mensch die Emissionen, dauere es mindestens 20 Jahre, bis sich das in den globalen Temperaturen bemerkbar mache. „Wir müssen Geduld haben.“
Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst berichtete, in Deutschland sei die Jahresmitteltemperatur seit 1881 um etwa 1,7 Grad angestiegen. Seit 1960 sei hierzulande jede Dekade wärmer als die vorherige gewesen. Im Gesamtzeitraum 1881 bis 2022 sei es jedes Jahrzehnt 0,12 Grad wärmer geworden, für den Zeitraum 1971 bis 2022 habe die Erwärmungsrate schon bei 0,38 Grad Celsius pro Dekade gelegen. „Hier kann man mit Messungen zahlenmäßig belegen, wie die Erderwärmung Fahrt aufnimmt.“
Der Diplom-Meteorologe und Wettermoderator Sven Plöger sagte, ein Großteil der Gesellschaft sehe den kommenden „Tsunami-Klimawandel“ nicht. Er sprach sich für eine mediale Kommunikation aus, die den Menschen darüber informiere, „wo wir wirklich stehen“. Zugleich müssten Experten Chancen und Ideen aufzeigen. „Wir müssen eine Haltung einnehmen bei diesem Thema, generiert durch Wissen.“
Plöger forderte, Klimaschutz müsse ein „Jahrhundertgeschäft in einer auf dem sozialen und ökologischen Auge ertüchtigten Marktwirtschaft ohne Hyperkonsum werden.“ Die Politik sei gefordert, die hierfür noch immer fehlenden Leitplanken zu schaffen. Veranstalter Böttcher regte an: „Wir müssen alle Produkte teurer machen, die den Planeten zerstören, und die Produkte, die den Planeten erhalten, müssen günstiger sein.“